Conbericht zum Weggefährten 5

Aus dem Reisetagebuch einer Druidin

Es war der frühe Abend des Res Marshmont Aghtar 462Tr, an dem sich eine kleine Gruppe Reisender um jene beiden Mönche des Hospenserordens, namentlich Bruder Eron und Bruder Pergam scharten, die sie den letzten Teil des Weges hin zum Kloster begleiten würden. Anscheinend war die Kunde um die Gastfreundschaft, der sich jene Ordensgemeinschaft der zwei Götter verschrieben hatte, bis weit über die Grenzen der Sonneninsel Dria vorgedrungen.

Und sicher trugen auch all jene Gerüchte, die um Farrant grassierten dazu bei, gerade diesem Ort im Zwergenreich Midhgul einen Besuch abzustatten. Munkelte man doch von verblichenem Meistermagier, einem Schatz, seltenem Mineral, Reichskonzil am Juralsee, Feenvolk und äußerst versteckt lebenden Zwergen.
Was lag also näher, als Unterkunft in „Sareelas Zuflucht“, so der verheißungsvolle Name des Klosters, zu beziehen?

Die Gruppe Reisender bunt gemischt von nah und fern: eine kleine Gesandtschaft schemurischer Priester um Artress, die mir schon aus dem letzten Iond bekannt, eine Vielzahl an Elfen, der ein oder andere menschliche Recke, ein Katzenwesen und natürlich Kelese und meine Wenigkeit, Celissa, Dienerin Gâyas.

Während man sich von den Ordensbrüdern über ausgedehnte, offene Wiesenflächen führen ließ, machte man sich schnell mit dem ein oder anderen neuen Reisegefährten bekannt und auch die beiden Mönche gaben sich den Fragen der Reisenden über Land, Leute und das Kloster selber offen. Über dies und das plaudernd erreichten wir den Saum des Waldes. Hier im Schutz der Bäume fühlte ich mich bedeutend wohler, als auf dem freien Feld, wenngleich mir der Gedanke an ein Feenvolk nicht sonderlich behagte.

Eine leidvolle Begebenheit des letzten Iondes, der verzauberten Lilie einer gewissen Nachtfee zu erliegen, was aber hier nur am Rande erwähnt sei, mein Misstrauen gegenüber Feen zu erklären. Aber vielleicht war besagtes, ansässiges Feenvolk ja auch nicht mehr als ein Gerücht, jedenfalls blieb das zu hoffen.
Auch das Gerede um Räuber, welche hier in den Wäldern immer mal wieder Reisenden auflauerten, hätte ich gern als einfältiges Geschwätz abgetan, hätte nicht Bruder Eron selbst verlauten lassen, dass das Gebiet um Farrant sicher nicht umsonst so menschenleer. Den herrschenden Zwergenkönig kümmere dies allerdings wenig und so nehme die Sache einfach ihren Lauf.

So war es wohl doch angebracht äußerst wachsam zu sein, um den Wald sicher, vor allem aber unbeschadet zu durchqueren. Bald näherten sich schnelle Schritte, doch war es nur ein einfacher Bauer, der uns entgegeneilte. Er wunderte sich über so viel fremdes Volk. Hatte er doch vor etwa 4-6 Cwarth schon eine Gruppe Reisender getroffen, welche unterwegs zum nahen Kloster.
Ihm waren diese Begegnungen nur recht, erhoffte er sich doch sehnlichst, dass einer vielleicht seine Tochter gesehen, aber leider mussten auch wir ihn enttäuschen.

Er selbst durchkämmte schon seit dem frühen Morgen den Wald auf der verzweifelten Suche nach dem Mädchen, welches erst junge elf Ionde, und vor ein paar Tagen hier spurlos verschwunden.
Da die Sonne langsam zu sinken begann, musste er nun unverrichteter Dinge heimkehren. Doch morgen bei Tageslicht würde er sich dann dem Gebiet etwas oberhalb des Weges zuwenden, um dort weiter nach ihr zu suchen. Hielt er doch eine Verschleppung durch das Feenvolk für wahrscheinlicher, als die Entführung durch Räuber.
Gleichwohl, verschwunden blieb verschwunden, und konnten wir auch jetzt nichts für den Mann ausrichten, versprachen wir doch unsere Augen offen zu halten.

Bald darauf spürte Elfe tatsächlich die Präsenz von Feenwesen in kürzerer Vergangenheit.
Was immer das auch bedeuten mochte, denn Elfen und ihre Zeitrelationen sind ja nun bekanntlich eine Sache für sich...
Demnach waren es aber zumindest keine leeren Gerüchte um die Feen und es dauerte auch nicht lange, bis wir ihnen ansichtig wurden.
Auf einer Lichtung veranstalteten sie bei irgendeinem Spiel derartigen Tumult, dass man sie gar nicht hätte überhören können. Neugierig und ausgelassen mischten sie sich direkt unter die Reisenden.
Begutachteten kritisch unsere Garderobe, welche ihnen, mit Ausnahme der bunten Garnitur eines Gauklers, viel zu trist.

Hiernach diskutierten sie ausgiebig Vorzüge und Nachteile der eigenen Gewandung, sei sie nun farbenfroh oder dem neuesten Trend entsprechend eher unauffällig, dafür aber tarnend und luftig, dass es einem vom bloßen Zuhören schwindelig werden konnte.
Zudem beschwerten sie sich lautstark, warum gerade sie immer nach einem verschwundenen Kind befragt würden, beteuerten aber das Mädchen weder gesehen, noch entführt zu haben. So was läge ihnen, dem Volk der Daonay, mehr als fern, doch den Silvar wäre so etwas durchaus zuzutrauen.

Das wurde ja immer schöner, nicht nur ein, sondern gleich zwei ansässige Feenstämme!
Zumindest schien jedoch dieser hier, nach der kindlich verspielten Art der Wesen zu urteilen, weitaus ungefährlicher, als die kalte, bannende Schönheit Nilanedras.
Unbekümmert plapperten die Daonay unterdessen weiter vom nahen Kloster, welches sowieso nicht offen Reisende aufzunehmen. Dafür ernteten sie nur einen verständnislosen Blick von Bruder Eron, der sich sofort genötigt fühlte, noch einmal die Gastfreundschaft zu betonen, der sich die Hospenser verschrieben.

Nie hätte ich an der Aufrichtigkeit des Mönches gezweifelt und ernsthaft in Erwägung gezogen, dass man uns den Eintritt ins Kloster verwähren würde, doch konnte ich mir schon vorstellen, dass möglicherweise die Türen für jenes lästige und quirlige Feenvolk verschlossen blieben und so hörte ich einfach über ihr zusammenhangloses Geplapper hinweg. Wie sehr sollte ich mich hier getäuscht haben, doch mehr dazu später, denn zunächst suchten die Daonay nun bewaffnete Recken, die sich auf ein Spiel mit ihnen einließen.
Wenn wir dabei siegreich, bekämen wir Informationen oder dies und das oder auch anderes, so der ungefähre Wortlaut des Herausforderers und falls nicht, so sollten wir unsererseits den Feen einen Wunsch gewähren. Dieser bliebe aber geheim, damit er sich erfülle und überhaupt jemand die Herausforderung annehme.

Bei Gaiya, waren das seltsame Bedingungen!
Doch was hatten wir, bei genauer Betrachtung, dabei schon zu verlieren? - Nichts!
Genau das muss sich Kelese wohl auch gedacht haben, als er sich tatsächlich, als erster unserer Gruppe, auf den Zweikampf mit dem Schwert einließ.
Seinem Herausforderer war er jedoch bald unterlegen, da er durch einen schnellen Streich an beiden Händen getroffen. Immerhin hatte der Daonay so viel Anstand Keleses Verletzungen auch wieder zu heilen, da dies ja nur ein Spiel und kein blutiger Ernst.

Auch dem nächsten unserer Recken erging es nicht anders, nur dass ich dabei nicht mehr die Geduld aufbrachte bis zum Ende des Kampfes auszuharren, sondern mich entschied, den Ordensbrüdern, zusammen mit ein paar anderen, weiter Richtung Kloster zu folgen. Wer konnte denn schon sagen, ob bei diesem neckischen Feenspielchen überhaupt jemals irgendjemand als Sieger hervorginge.

Woher hätten wir zu diesem Zeitpunkt auch wissen sollen, dass es hierbei vordergründig nicht um den Waffenkampf ging, sondern das Duell mit gereimten Worten.
Jedenfalls musste dieses Spiel, auch wenn es zunächst überhaupt nicht danach aussah, eine enorme Anziehungskraft auf bewaffnete Recken haben.
Zumindest hastete alsbald ein Reisender an uns vorbei: „Ob die Daonay noch da und er müsse sich unbedingt ihrer Herausforderung stellen“, sprachs keuchend und lief auf unseren Fingerzeig auch schon weiter.

Endlich am Kloster angelangt, wurde umgehend klar, was den eiligen Recken antrieb und damit auch die Tragweite jenes ach so harmlosen Feenspielchens. Standen wir und auch die Reisegruppe vor uns tatsächlich vor den verschlossenen Türen des Klosters, da einem der Ordensbrüder der komplette Schlüsselbund geklaut.
Diese hinterhältigen kleinen Biester von Daonay, so etwas sah ihnen ähnlich!

Mit ihrem scheinbar belanglosen und wirren Geplapper hatten sie uns alle zum Narren gehalten und bei ihrem Spielchen ging es einzig darum den Schlüssel zurückzugewinnen, was uns letzten Endes auch irgendwie gelang, soviel sei hier schon verraten.

Zum Glück wurde die unfreiwillige Wartezeit vor dem Kloster durch das freudige Wiedertreffen alter Bekannter eine recht kurzweilige Angelegenheit: Fuchsauge, Finn, Woltan, Kassim, Cirnea, Cem und auch Quästor Rogan.
Aber auch ein neues Gesicht in dieser vertrauten Runde: Calliope, die zusammen mit Fuchsauge angereist.

Nachdem wir nun endlich Einlass ins Kloster gefunden, wurde allen umgehend die berühmt berüchtigte Gastfreundschaft zu Teil, indem wir Quartier beziehen durften.
Auch dabei entdeckte ich noch das ein oder andere vertraute Gesicht unter den Gästen, so zum Beispiel Ardian Delanion, den Elfenbotschafter.

Im großen Saal aufs beste mit Speise und Trank verköstigt, hießen die Mönche uns kurz darauf in Sareelas Zuflucht willkommen. In der Tat verströmte dieser Ort eine bemerkenswert friedliche Atmosphäre.
Jegliche Zwistigkeiten oder gar Gewaltbereitschaft schienen vor die Mauern des Klosters gebannt, und die besondere Verbundenheit zu Otar und Saltah, oder vielleicht nur die starke klerikale Präsenz, beeinflusste auch meine Gabe. Nicht unbedingt unangenehm, aber dennoch merklich der mir eigenen Naturmagie entgegenwirkend.

Nach heißer Suppe und kühlem Getränk, von den Strapazen der Reise erholt, zog es die meisten nach draußen vors Kloster, den lauen Abend zu genießen.
Woltan erfreute die Anwesenden mit gekonnter Jonglage seiner feurigen Bälle und gerade erzählte Calliope ein wenig aus ihrer Lebensgeschichte, als jemand vom fahrenden Volk der T´Ailun, die ihr Zelt ebenfalls hier aufgeschlagen, hinzutrat: Gegen nur einen Heller würden dem Geneigten Einblick in Zukunft oder Vergangenheit gewährt!

Na, wenn das nicht genau das richtige für Kelese, der immer noch auf der Suche nach Anhaltspunkten seines früheren Lebens.
Nicht dass ich unbedingt Vertrauen in die Fähigkeiten der angepriesenen Seherin hatte, aber immerhin war es eine Möglichkeit mehr, seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Calliope schien da schon eher überzeugt, wuchs sie doch auch unter fahrendem Volk auf, welches versiert in der Zukunftsdeutung.

So ermunterten wir Kelese diesen Kupfer zu investieren, was er letztendlich auch tat.
Zusammen mit Fuchsauge, Finn und Calliope wartete ich vor dem Zelt, während Kelese drinnen die Karten gelegt wurden. Es dauerte eine ganze Weile, bis er endlich wieder zu uns stieß, zu erzählen was Seherin ihm prophezeit: Dunkel sei seine Vergangenheit, doch würde er etwas Bekanntes bei jemandem finden, bei dem er dies allerdings nicht vermute.

Gerade wollte er uns noch von der Bedeutung der Symbole, Sonne und Wanderer, die ihm offengelegt, berichten, als Cirnea dazukam und ihm eine wohlbekannte Muschel entgegenstreckte. Sie hätte gehört, dass Kelese wirklich viel daran gelegen sei und wolle sie ihm nun überlassen.

Kaum zu glauben, da war nun beinahe ein ganzes Iond ins Land gezogen, nach dem wir zum ersten Male diese Muschel gesehen und grad hier tauchte sie unvermittelt wieder auf, nun auch noch in seinen Besitz zu wechseln.
Wo eine der Muscheln, waren vielleicht auch die anderen nicht weit.
Zielte Nes Rels Prophezeiung am Ende auf das Auffinden der übrigen Muscheln ab?
Etwas Bekanntes dort wo er es nicht vermutete, machte schon irgendwie Sinn.
Nur bei wem sollte er dann anfangen zu suchen?
 

Ehe wir diese Überlegung noch zu Ende führen konnten, wurde es auf der gut ausgebauten Zwergenstrasse vor dem Kloster mit einem Schlag laut und hektisch.

Ein ganzer Tross dunkle Gestalten marschierte herauf und ging ohne jegliche Vorwarnung direkt zum Angriff über und das ganze mit einer Schnelligkeit und Schlagkraft, wie ich sie selten zuvor gesehen. Glücklich ein jeder Unbewaffnete, der sich rasch genug mit den fliehenden Mönchen hinter verschlossene Klostertüre retten konnte.
Doch nicht allen war dies gelungen und obwohl unsere Recken tapfer gegen die dunkle Übermacht anfochten, blieben auch sie nicht verschont.

Alsbald wurde der Ruf nach Heilkundigen laut, die teils üblen Verletzungen zu versorgen.
Der Anblick von Blut schien gerade dem Küchenstab arg auf den Magen zu schlagen, doch blieb dringenderes zu tun, als sich um das vorrübergehende Unwohlsein einiger zart besaiteter Mönche zu kümmern.
Bald glich der große Saal eher einem Lazarett, denn einem Speiseraum.
Den fremden Streitern, – sollte dies etwa berüchtigte Räuberbande sein? –, hingegen war derweilen kaum beizukommen.

Nachdem einige von ihnen zweifelsfrei, unter vereintem Krafteinsatz unserer Recken, tödlich getroffen, verschwanden ihre Leiber einfach ins Nichts.
Die anderen dunklen Gestalten wandten sich hiernach, unter letztem, kurzen aber mehrdeutigen Kommentar: „Sie hätten nun genug“, zum Gehen und verschmolzen mit der Dunkelheit der Nacht. Übrig blieben nur unsere arg geschundenen Recken.

Als ob dies nicht schon mehr als seltsam, wurde noch nicht einmal nennenswert viel geraubt und sogar vermisste Waffen tauchten alsbald wieder auf. Wozu also dieser Überfall und wie hatten jene dunklen Eindringlinge es geschafft, den heiligen Schutz des Klosters unter Waffengewalt zu umgehen?
Hatte ihr Schwertstreich einige unserer Recken doch direkt im Hof, oder am Zugang zur Küche erwischt. Wie war so etwas nur möglich?

Plötzlich einsetzendes Stimmengewirr und konfus umhereilende Mönche, ähnlich einem aufgescheuchtem Hühnerstall, – die geschätzten Ordensbrüder mögen mir einen solch weltlichen Vergleich an dieser Stelle großzügig verzeihen –, sollten alsbald Auskunft geben:
Die schutzbringende Reliquie des Klosters, der Schädel des heiligen Gregarius, war aus der Kapelle im ersten Stock verschwunden!

Vor allem der ehrenwerte Abt, Pater Framin, war hierüber derart bestürzt, dass er zunächst für kein vernünftiges Wort zugänglich. Sicher würde auch er irgendwann zur Ruhe kommen, und falls nicht könnte man ihn schließlich immer noch mit sanftem Nachdruck, in Form von Belagerung, zeitweilig an einem Ort fixieren und so zu einem Gespräch überreden, wie es hernach auch geschah.

Doch solch einem Pulk an hilfsbereiten Recken sind freilich Grenzen gesetzt, und wenn es auch nur die Beschränktheit eines Treppenaufganges zum ersten Stock, oder die räumliche Enge der nach Spuren zu untersuchenden Kapelle.

So verweilte ich, nachdem sich die gröbste Aufregung gelegt und alle Verletzten versorgt, im großen Saal bei Musik und Gesang, was nach dem ganzen Chaos eine willkommene Ablenkung. Hier versuchten nun einige, mich eingeschlossen, zusammen mit der recht eifrigen Mel das Lied vom Eichohrkatz anzustimmen, was aber nicht recht gelingen wollte, da keinem der anwesenden Spielleute die Melodie geläufig, uns zu unterstützen.

Also überließen wir bald das Singen versierteren Personen, wie Cirnea und Cem, in Begleitung von Klipklapp, bis einer unserer Recken uns vertraulich in den Nebenraum des Speisesaales bat. Noch im Gehen erzählt er leise: Der Abt habe ihm, als er ihn eben auf die Bedeutung des Namens „Sareelas Zuflucht“ angesprochen, den Standort dieses Portraits benannt, welches die junge Frau zeigt, die dem Kloster einstmals ihren Namen gegeben.
Nur das eben jenes Abbild der jungen Sareela unserer Calliope zum Verwechseln ähnlich sah, wie uns auch direkt auffiel.

So erzählte uns Recke dann erst einmal den Hintergrund um Kloster und Sareela, wie er ihn eben selbst von Pater Framin erfahren:

Vor mehr als 50 Ionden suchte die junge Frau Schutz im Kloster vor einem Raubritter. Der damalige Abt Gregarius gewährte ihr Zuflucht in einem geheimen Raum: Sareelas Zuflucht!
Doch ihr Aufenthaltsort wurde anscheinend verraten und so zog Raubritter Tarsal von Bargho gegen das Kloster. Zwar war es ihm nicht gelungen zum Versteck Sareelas vorzudringen, doch richtete er ein Blutbad unter den Mönchen. Für diese Tat wurde er jedoch von Gregarius insoweit zu Rechenschaft gezogen, als dass der Abt noch in seinen letzten Atemzügen den Wunsch an die Götter richtete, dass Raubritter diese Verfehlung auf immer bereuen sollte.

Nach diesem Abriss um die dunkle Vergangenheit und Namensgebung des Klosters, herrschte kurz betretenes Schweigen, da keiner sich traute das laut auszusprechen, was sich hier als erste leise Ahnung, über das Auftauchen jener merkwürdigen schwarzen Schergen, die offensichtlich einem normalen Tod entsagten, anbahnte.
Gemeinsam fasste man aber den Entschluss, umgehend nach Calliope zu suchen, um sie mit dem Portrait Sareelas zu konfrontieren. Vielleicht würde sich ja eine ganz einfache Erklärung finden lassen, vielleicht ... –
 

Doch Calliope zeigte sich nur geschockt über die enorme Ähnlichkeit zu ihrer eigenen Person.

Da sie über ihre Abstammung unglücklicherweise jedoch wenig zu sagen wusste, außer dass sie als Kind schon in die Obhut des fahrenden Volkes gegeben, brachte uns dies auch nicht recht weiter. So beschloss man Pater Framin mit hinzuzuziehen.

Zusammen mit dem Abt wurde im Nebenraum des Speisesaals der ganze Fall noch einmal erörtert. Auf die Frage, ob es möglich dass Calliope tatsächlich eine Nachfahrin Sareelas, hatte er natürlich auch keine Antwort. Doch immerhin hielt er unsere Theorie, dass durch Calliopes Anwesenheit im Kloster möglicherweise die Vergangenheit erneut heraufbeschworen würde, nicht für ein völliges Hirngespinst.
Allerdings müssten wir das schon selber herausfinden, da er im Moment noch viel zu sehr damit beschäftigt, das skandalöse Abhandenkommen des heiligen Schädels aufzuklären.

Erste Überlegungen gingen davon aus, dass der Überfall der dunklen Streiter mit dem Verschwinden der Reliquie in direktem Zusammenhang stünde.
In dem ganzen Durcheinander hätte sich schließlich leicht jemand von ihnen unbemerkt in die Kapelle stehlen können, den Schädel zu entwenden.

Zunächst klang diese Erklärung auch recht plausibel, doch die Theorie hatte einen winzigen Haken: direkt nach dem Angriff wurde die Vordertür des Klosters zugesperrt.
An der noch offenen Hintertür zwar wenig später einer unserer Recken niedergestreckt, doch wurde sein Angreifer zurückgeschlagen und Heilkundige kümmerte sich noch in der Küche um die Wunden, so dass hier ebenfalls kein Angreifer ungesehen hätte passieren können.

Ich selbst pendelte zwischen Saal und Eingangsraum die Verletzten zu versorgen.
Daher kann ich mit Sicherheit behaupten, dass die Vordertüre nur wenige Male kurz geöffnet wurde, um unsere arg geschundenen Kämpfer einzulassen, oder frische Recken als Verstärkung rauszuschicken. Ein dunkler Streiter wäre dabei unweigerlich aufgefallen. Demnach konnte also keiner von ihnen direkt für den Diebstahl des Schädels verantwortlich sein.

Der logische Umkehrschluss: Wenn also nicht unbedingt jemand Fremdes von außen ins Kloster gekommen war, dann musste der Dieb zwangsläufig schon drinnen gewesen sein. Damit hatten wir wohl einen Verräter in den Reihen der Gäste oder, so unvorstellbar dies auch klingen mochte, aber eben nicht ganz auszuschließen, unter den Ordensbrüdern selber.

Ohne Zweifel hatte der nächtliche Angriff dem Dieb als willkommenes Ablenkungsmanöver gedient, blieb nur die Frage, ob nun gezielt oder zufällig.
Galt das Interesse der schwarzen Schergen wirklich dem Schädel, so dass sie mit dem Dieb im Bunde oder waren sie möglicherweise auf etwas ganz anderes aus? Fragen auf die es derzeit einfach noch keine Antworten gab.

Außerdem zog wenig später eine andere Information des Abtes unsere ganze Aufmerksamkeit auf sich: Es wäre möglich, dass die Zuflucht Sareelas, als realer Raum gänzlich in Vergessenheit geraten, dennoch irgendwo existent. Damit begann die eifrige Suche nach diesem Geheimversteck, die sich aber leider als unerwartet schwierig erwies, da dummerweise nirgends im Kloster irgendwelche Aufzeichnungen, Grundrisse, Chroniken oder dergleichen darüber zu finden waren.

Nachdem sich eine ganze Schar an Leuten, in tiefer Nacht, zumindest einen groben Überblick über die mehr oder weniger bedeutenden und verständlichen Werke drianischer Literatur gebildet hatte, die im Leseraum auslagen, leider aber in diesem speziellen Fall nicht im geringsten weiterhalfen, gingen uns langsam die Ideen aus.
Mit Woltan überlegte ich noch die Wände systematisch vom Keller angefangen bis in den ersten Stock hin auf Hohlräume abzuklopfen. Das Dachgeschoss schied immerhin als Neubau nach Angabe des Abtes aus. Doch hätte uns dieses Vorhaben wohl den Rest der Nacht wach und beschäftigt gehalten und versprach auch nicht unbedingt Aussicht auf Erfolg. Je nach Wandstärke oder Vermauerung wäre ein dahinterliegender Raum eh nicht mehr unbedingt am Klopfgeräusch auszumachen und so verwarfen wir diese Idee.

Ein wenig enttäuscht, weil uns die Hände derzeit einfach gebunden, suchten wir nach etwas Entspannung und Ablenkung. Diese fanden wir im Nebenraum des Speisesaales, wo man sich noch in kleiner geselliger Runde versammelt hatte, das ein oder andere Liedchen zu singen, einfach nur dem Klampfenspiel zu lauschen, oder dem Gerstensaft zuzusprechen, wie es vor allem Bruder Pergam, nach harter Arbeit im Kräutergarten, ausgiebig tat.
Bald siegte jedoch die Müdigkeit und so taten wir es in den frühen Morgenstunden den meisten anderen gleich, die sich schon zuvor zum Schlafe aufs Gastquartier zurückgezogen.

Nach reichhaltigem Frühstück frisch gestärkt, fand man am Vormittag des nächsten Tages Nes Rel Melefin der T´Ailun ermordet auf.
Sie wurde in ihrem Zelt mittels eines vermeintlich harmlosen Tees, welchen sie getrunken, vergiftet.
Die anderen T´Ailun abgereist oder geflüchtet(?) – jedenfalls nicht mehr da.

Vielleicht wusste Nes Rel zu viel oder hatte etwas beobachtet, so dass sie dafür mit ihrem Leben bezahlen musste, denn auf dem Tisch fand sich neben den Teeutensilien immerhin ein Brief, der Hinweise über den Verbleib des Schädels gab. Ein Austausch solle zur Dämmerung an der Lichtung des heiligen Gregarius stattfinden.
Falls es nicht gelänge den Schädel wieder auf seinen angestammten Platz im Kloster zu bringen, würde dies schreckliche Folgen haben. Man munkelte von einem möglichen Versinken in eine dämonische Zwischenwelt...

Sehr abenteuerlich, diese Vorstellung, genau wie die etwas eigenwillige Orthographie des Schriftstückes, aber um der reinen Vorsicht willen, besser ernst zu nehmen. Schließlich hat man ja so seine Erfahrungen, speziell mit nebelwallendem Portal, hinter dem ein gewisser Magus in den Fängen eines Dämons auf Nimmerwiedersehen verschwunden war... Aber solch ein Szenario noch einmal wissentlich heraufbeschwören? – Nein!!!

Da war es doch bedeutend besser seine ganzen vorhandenen Energien auf die Wiederbeschaffung des Schädels zu verwenden. So begab sich ein Grüppchen um Fuchsauge umgehend auf Spurensuche der schwarzen Schergen, welche bislang unser einziger Anhaltspunkt. Diese führten in Richtung der nahe gelegenen Burgruine von Farrant.
Das beste wäre es, sowohl Lichtung des Gregarius als auch Ruine in Augenschein zu nehmen. Bruder Pergam erklärte sich bereit, uns zumindest den Weg zur Lichtung zu zeigen, zur Burgruine konnte und wollte er uns jedoch nicht begleiten.

So zogen wir los, den Ort der Übergabe des Schädels genau zu inspizieren, uns im Vorfeld mit dem Gelände vertraut zu machen, um daraus später unter Umständen taktischen Nutzen zu ziehen. An einem Überhang gelegen, übersäht von gelben und ein paar vereinzelt purpurnen Blumen, war diese Lichtung wenig spektakulär. Noch nicht einmal versiegte, heilige Quelle ließ sich unter dem hohen Gras entdecken. Aber bis zur Dämmerung würden noch etliche L´ihercs vergehen, so dass noch genug Zeit eine erfolgversprechende Strategie zu entwerfen. So beschloss man sich als nächstes der Ruine zuzuwenden.

Da viele jedoch nicht aufs Geradewohl losgehen wollten, kehrte ein Teil zurück zum Kloster ein paar mehr Informationen über das Gemäuer einzuholen, während der andere Teil doch schon gemächlich gen Ruine zog, den Wald dabei nach Lebenszeichen des verschwundenen Kindes abzusuchen.
Das einzige, was eines Schemuriers Aufmerksamkeit jedoch dabei erregte, war der giftige Aronstab, ein Pflänzchen von auffälligem Wuchscharakter, der aber durchaus nicht ungewöhnlich in einem Wald wie diesem, soweit ich das beurteilen kann.

Alles lag friedlich und still. Selbst das Gewässer, welches das verwunschene Haus geflutet,
– wieder so eine Legende, die vielleicht das hiesige einfache Bauernvolk, nicht aber uns Reisende beeindrucken konnte –, glitzerte ruhig und tief in der sengenden Mittagssonne.
Glücklicherweise spendete das lichte Blätterdach der Bäume angenehmen Schatten, während uns der eingeschlagene Weg stetig weiter bergauf führte.
 

Am Fuße eines steilen Hanges direkt unterhalb des Gemäuers hielten wir kurz Rast, um mittels der gut gefüllten Wasserschläuche den Staub aus unseren trockenen Kehlen zu spülen. Danach machten wir uns an das letzte, anstrengendste Stück des Aufstieges zur Burgruine.

Oben sammelten sich bald immer mehr unserer Recken, doch von den schwarzen Schergen fanden wir hier keinerlei Hinweis. Dafür vermissten wir immer noch einige, aus den eigenen Reihen, die auch bekannter Maßen auf dem Weg zur Ruine gewesen.

Schon hatten sich ein Grüppchen aufgemacht die Vermissten zu suchen, als sie doch einsehen mussten, dass dieses Vorhaben zwecklos. Zur Ruine führten gleichwohl mehrere Wege, und da man nicht wusste, welchen sie eingeschlagen, war es nicht möglich ihnen entgegen zu gehen. So hieß es warten, warten, warten, – doch schattige Plätze waren hier oben knapp bemessen. Irgendwann trafen sie dann doch ein und wir erfuhren, was jene Recken aufgehalten: Feen des Volkes der Silvar.

Sie bestanden darauf einen Vertrag mit der hiesigen Bevölkerung und den Reisenden zum Schutz ihres Waldes zu schließen. Wie es sich herausstellte, hatte es vor langer Zeit schon mal eine Vereinbarung gegeben, mit welcher sie auch irgendwie das Verschwinden des Kindes rechtfertigten, an dem sie tatsächlich beteiligt. Nur sei diese eben im Laufe der vielen Ionde (vielleicht auch Iondeh) in Vergessenheit geraten. Und mochten sie auch betonen, dass das Kind ohne Zwang mitgegangen, für mich blieb es doch Unrecht, da die Eltern über den Verbleib in Unkenntnis gelassen. Aber was kümmert ein Feenvolk auch schon die Emotionen der Menschen, spielten sie doch anscheinend gerne mit ihren Gefühlen.

Überheblich und arrogant, wie sich die Silvar nach Beschreibung derjenigen, die sie getroffen, gaben, setzten sie uns kurzerhand eine Frist, entsprechende Vertragspartner herbeizuschaffen und den Inhalt zu überdenken.
Da hier an der Ruine nun schon mal so viel Volk versammelt, war es nicht weiter schwer die in Frage kommenden Vertreter auszuwählen. Über Inhalte ließe sich eh besser direkt mit den Feen vor Ort diskutieren, so dass darauf im Vorfeld nicht mehr viel Zeit verschwendet wurde.
Vielmehr nutzen wir die Gelegenheit, entfernt von den lauschenden Ohren der Klostermauern, über die Taktik zu beraten, den Schädel in der Dämmerung zurückzuerobern.

Nur eine kleine Gruppe solle im Vorfeld zur Lichtung gehen, beobachten und zu günstiger Gelegenheit den Rest unserer schlagkräftigen Recken verständigen, dem oder den Dieb(en) den Schädel abzujagen.
Kaum dass wir uns soweit darüber verständigt, war es Zeit die Silvar wieder zu treffen.
Mir wollte Sinn und Zweck jener anstehenden Verhandlungen nicht völlig einleuchten, aber erst recht missfiel mir das gesamte Vorhaben am Ende gar noch einen Vertrag mit Feen(!) schließen zu wollen und so zog ich mich mit drei anderen Recken, die das ähnlich sahen aus diesem Geschehen gänzlich zurück.

Außerdem hatte mir die Sonne schon lange genug aufs Haupt geschienen, so dass ich es für besser hielt mit ihnen zum Kloster zurückzukehren, denn bei langwierigen Verhandlungen womöglich noch einen Sonnenstich zu riskieren.
Kurz nach uns trafen drei Schreiber im Kloster ein, um Cassim die langersehnte Prüfung zum Schreibergesellen abzunehmen. Die Prüfung schwer und umfangreich, aber wurde am Ende erfolgreich von ihm gemeistert.
Mehr und mehr verdichteten sich zwischenzeitlich die Hinweise, dass die schwarzen Streiter tatsächlich die Mannen des damaligen Raubritters, welche durch den letzten frommen Wunsch des Gregarius dazu angehalten ewiglich ihr Dasein zu fristen, um zu bereuen.

Nur das von letzterem bislang wenig spürbar, da sie auch nach 50 Ionden anscheinend mit Nichten den Plan aufgegeben, Sareela zu finden und es sie immer wieder gen Kloster zog.
So bin ich eher geneigt, den Wunsch den die zwei Götter gewährten, in seiner Auswirkung, im Folgenden als „Fluch“ zu bezeichnen.

Ein Glück nur, dass Raubritter selber bisweilen noch nicht auf unsere Calliope gestoßen und das sollte nach unserm Empfinden auch besser so bleiben, zumindest solange es sich vermeiden ließe, oder wir durch das Auffinden der verborgenen Zufluchtsstätte Sareelas zu anderer Erkenntnis gelangten.
Bis dahin waren wir allerdings gezwungen uns mit jenem unsterblichen Pack rumzuschlagen, und dies ist ganz wörtlich zu nehmen, wenn ich an das schwere Gefecht tagsüber im Wald unterhalb der Lichtung des Gregarius zurückdenke.

Ein Satz aus dem Munde eines unserer, wie ich denke durchaus erfahrenen, Streiter auf dem Weg zum Rückzug: „Geht da runter und kämpft, wenn ihr einen sicheren Heldentod sterben wollt!“ gab den Ernst der Lage recht treffend wieder.
Ein schwacher Trost, dass Raubritters Schergen den Kapitulierenden zumindest nicht nachsetzten und ihrerseits abzogen, so dass wir in der Lage, unseren teils schwer verwundeten Recken zu helfen. Mir scheint hier war dazu auch blanke Münze im Einsatz diesen Entschluss bei den schwarzen Streitern herbeizuführen.

Doch gab es durchaus auch erfreuliche Ereignisse an diesem Tag:
So wurde die geheime Zuflucht entdeckt und konnte nach langwieriger Besprechung und kräftezehrendem Ritual auch geöffnet werden. Der Inhalt eines Schriftstückes, welches lang zu vor gefunden und hierbei hätte behilflich sein können, wurde leider erst hinterher in Teilen entschlüsselt.

Sei´s drum, vor uns lag der Raum, gänzlich unberührt, wovon die dicke Staubschicht eines halben Iondehs zeugte.
Die wenigen Einrichtungsgegenstände: Bett und Nachtschrank schnell überblickt.
Doch fand sich auf eben diesem Schränkchen zu Fußen des Bettes eine Vase mit schwarzer, allerdings immer noch blühender Rose.

Durch weitere Nachforschungen und eine Vision Calliopes stellte sich heraus, dass dies wohl ein Relikt aus der Vergangenheit Sareelas und ihres Verehrers Tarsal von Bargho.
Unglückseligerweise war dieser anscheinend immer noch fest entschlossen, seine Angebetete zu finden und zu ehelichen. Da aber Sareela ja nun mal nicht greifbar, war es wohl an Calliope diesem Vorhaben ein für allemal ein Ende zu setzen! – Doch wie sollte sie dies am besten angehen?

Einigermaßen sicher, wäre sie wohl nur, solange sie den Schein aufrecht erhielt, die wahre Sareela zu sein.
Wie aber einem Raubritter klar machen, dass eine Heirat nicht in Frage käme?
Die Idee ihm einen bereits angetrauten Ehemann an Calliopes Seite zu präsentieren, war bei genauer Überlegung keineswegs erfolgversprechend, denn sicherlich würde er nach Raubrittermanier den störenden Nebenbuhler entweder direkt töten, oder aber ihn herausfordern. Was jedoch in letzter Konsequenz wahrscheinlich dem direkten Tod gleich käme, denn dass solch einem untoten Kämpfer als einzelner einfach nicht beizukommen war, wussten wir schon aus leidvoller Erfahrung mit seinen schwarzen Schergen.

Nein, Calliope könnte alleine hier unmöglich etwas ausrichten, aber mit der Unterstützung aller, bestand vielleicht eine kleine Chance, zumindest wollte ich daran glauben.
Das große Problem nur, je weiter die Zeit auf die Stunde der Dämmerung zu drängte, desto nervöser wurden viele unserer Recken, sahen sie doch dem Abgleiten in eine Zwischenwelt mit großer Furcht entgegen. Dazu wusste niemand mehr so richtig, ob den Ordensbrüdern, vor allem aber dem Pater selbst, zu trauen war, da sich die Mönche zunehmend verschlossen und wenig hilfreich gaben.

Einige Recken redeten davon den ganzen Geschehnissen den Rücken zu kehren, da sie fest überzeugt, es würde nicht gelingen den Schädel rechtzeitig wiederzuerlangen.
Nach der erlittenen Niederlage gegen die schwarzen Schergen am Nachmittag, konnte ich solch Gedankengang durchaus nachvollziehen. Nur schien mir die Einstellung ein geordneter Rückzug käme, bei einem sonst panisch fliehendem Haufen, schon so gut wie einem Angriff gleich, irgendwie nicht ganz der richtige Ansatz, das drohende Unheil abzuwenden.

Auch Calliope fürchtete anscheinend um ihr Leben und vermochte der quälenden Ungewissheit und Bedrohlichkeit ihrer Lage nicht länger standzuhalten.
Während Quästor Rogan noch bemüht, die Kampfesmoral unserer Recken wiederzuerwecken und zu stärken, unternahm sie den ernsten Versuch abzureisen.
Nur ihr gequältes Gewissen, welches sich in einem Zusammenbruch auf offener Strasse offenbarte, verhinderte dieses Vorhaben.

Auch einem Magiekundigen, welcher beim Ritual die Zuflucht Sareelas zu öffnen beteiligt, erging es in fast gleichem Augenblick ebenso. Nur das für seine Ohnmacht wohl andere Gründe anzunehmen, denn im Gegensatz zu Calliope blieb er in tiefer Bewusstlosigkeit.

Verwirrten Geistes und unter Tränen flüchtete sie sich nach dem Erwachen in Sareelas offengelegtes Versteck, weil sie glaubte dort sicher zu sein. Hier nahm ich mich ihrer an, wenn ich auch selbst nicht genau wusste, wie ihr zu helfen. Im Gespräch wurde jedoch schnell klar, dass sie einfach nicht wusste, was zu tun.
Vertrauen hatte sie in nichts und niemanden und lehnte es deshalb schlichtweg ab, den Abt, die Mönche oder auch Quästor Rogan um Rat oder Unterstützung zu bitten, obwohl jene Männer des Glaubens vielleicht am ehesten dazu geeignet hier seelischen Beistand zu leisten.

Stattdessen verlangte sie Sareelas Zuflucht zu der ihren zu machen und alle Schutzmechanismen, die vor kurzem erst mühselig außer Kraft gesetzt, wieder herzustellen. Im gleichen Moment aber dämmerte es ihr, dass dazu derzeit niemand in der Lage, da alle Magiekundigen total erschöpft. Wieder keimte Panik und gleichsam auch der Gedanken an Flucht in ihr auf, nur fehlte ihr hierzu die Kraft.
Sicher war, dass weder Weglaufen noch Einmauern das Problem lösen würde.
Doch gute Worte nützen hier nicht, da ich von Fuchsauge wusste, dass sie bereits auf ihre Gefährtin eingewirkt hatte und den Versuch der Abreise trotzdem nicht verhindern konnte.
Wie sollte ich sie nur überzeugen, sich trotz ihrer Angst gemeinsam mit all unseren Recken dem Raubritter zu stellen? Denn irgendetwas in meinem Inneren sagte mir deutlich, dass sie auf jeden Fall der Schlüssel, die Geschehnisse der Vergangenheit um Tarsal von Bargho und Sareela zu einem guten Ende zu führen.

Die kleinen Tricks einer Dienerin Gâyas etwas zu bewirken, was nach außen hin sichtbar einem Sinneswandel Calliopes gleichkommen mag, seien an dieser Stelle selbstverständlich nicht preisgegeben.
Böse Zungen mögen vielleicht über Beherrschungszauber, Druidenbann, oder ähnlich manipulative Magieformen spekulieren, doch ihnen sei vertraulich verraten, dass sie damit auf dem Holzweg.
Zumindest war, als wir nach etwas mehr als einer Cwarth gemeinsam die Kammer Sareelas verließen, das Thema Abreise für diesen Abend ein für allemal vom Tisch.
Und auch jene Recken, die sich dem Schutze Calliopes verschrieben, blieben durch ihr Versprechen gebunden vor Ort.

Zwischenzeitlich hatten sich alle Magiebegabten vom Ritual, die Zufluchtstätte Sareelas zu öffnen, wieder erholt. Nicht nur dass sie körperlich und geistig total erschöpft gewesen, auch ihr Verstand war dabei extrem in Mitleidenschaft gezogen worden. Es war schon befremdlich den Schilderungen Finns Glauben zu schenken, wonach er allen Ernstes behauptete zusammen mit sich selbst bei einem Teekränzchen gewesen zu sein.
Aber da auch die anderen ähnlich wirr von vermummter Gestalt und Tee redeten, war vielleicht doch irgendetwas wahres daran.

Das Stichwort „Tee“ erinnerte unweigerlich wieder an Nes Rels gewaltsames Ableben, doch konnten wir uns nicht allen Problemlösungen auf einmal widmen.
Unsere dringendste Aufgabe war jetzt erst mal den Schädel wieder zurück auf seinen angestammten Platz in der Kapelle zu bringen.

Leider verlief das Zusammentreffen auf der Lichtung so gar nicht nach unserem Plan.
Einmal mehr in ein heftiges Gefecht verwickelt, kämpfte man diesmal gegen magischen Eisball und stählerne Waffen. Ohne den Schädel, aber mit schweren Verletzungen kehrte man zum Kloster.
Immerhin aber war es gelungen einen feindlichen Streiter gefangen zu nehmen.
Ob überhaupt und was das anschließende Verhör unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen erbracht hat, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

Erst in einem zweiten Anlauf in der Nacht gelangen diplomatische Verhandlungen mit der Schädeldiebin(!). War man der reisenden Schreiberin, die ihre Dienste all zu freizügig anbot, wohl doch aufgrund ihrer mangelnden Rechtschreibkenntnisse irgendwie auf die Schliche gekommen. Doch kam man nicht umhin, den Schädel gegen blanke Münzen zurückzukaufen.

Nur der Nachtblindheit der Schurkin verdankten wir, dass unsere List nicht aufflog.
Statt goldene Sonnen bekam sie nur Silbermünzen und wir die Reliquie quasi zum Schnäppchenpreis. Dies vor allem dem spendablen Elfenbotschafter zum Trost, dem die Lösegeldforderung nichtsdestoweniger ein tiefes Loch in seine Reisekasse riss.

Während diejenigen, die an der diplomatischen Verhandlung direkt beteiligt, den Schädel umgehend ins Kloster schafften, nahm die versteckte Nachhut die Verfolgung der Diebin auf.
Leider war es trotz größter Bemühungen nicht möglich diese dingfest zu machen.
Doch wenigstens war der heilige Schädel wieder da.

Wichtige Zeitzeugen jener bravorös geplanten Umsetzung der Wiederbeschaffung des Schädels finden wir in unseren immertüchtigen Barden Cem und Klipklapp, die aus sicherer Entfernung von geschätzt einem drei- viertel Lo´hod (bei den vielen zwischenstehenden, die Sicht versperrenden Bäumen mögen es auch nur gut 250 Sprung gewesen sein) natürlich bestens im Bilde waren, Taktik und Vorgehensweise in einem Liedchen zu dokumentieren, welches wohl wie die Aktion selbst in die drianische Geschichte eingehen wird. Hurra!!!

Das war auch gut so, denn das Orakel der T´Ailun, welches am Morgen samt Mel und den anderen zurückgekehrt, sagte, dass Rose, Schädel des Gregarius und Calliope, stellvertretend für Sareela, gebraucht würden, um den Fluch über den Raubritter zu brechen. Unglücklicherweise war Calliope an diesem Tage jedoch gänzlich unpässlich.
Arge Magenprobleme fesselten sie an ihre Lagerstelle.

Während man noch allgemein diskutierte, wurde ich, nichts böses ahnend, aufgrund der flüchtigen äußerlichen Ähnlichkeit zu Calliope, durch den Elfenbotschafter dazu ausersehen, sie in ihrer Rolle als Sareela zu vertreten.
Ardians Argumentation war aber auch geradezu bestechend: „Celissa, wenn ich Euch so ansehe...Ihr solltet das übernehmen!“

Dem zweifelnden Blick meinerseits entgegnete er nur trocken: „ ... oder findet eine Andere, die ihr ähnlicher und gewillt ist, sich dieser Aufgabe zu stellen!“
Damit war diese Diskussion unmissverständlich beendet noch bevor sie richtig begonnen hatte, denn woher in der Eile wohl solch eine Maid hernehmen?

Außerdem hatte ich Calliope noch des Abends zu vor ins Gewissen geredet, und wie hätte ich je wieder in einen Spiegel blicken können, wenn ich nicht auch bereit für die gegebenen Ratschläge selbst einzustehen, rührten sie doch aus tiefer Überzeugung. Also stimmte ich zu und ergab mich in mein und unser aller Schicksal, in das wir seit Ankunft im Kloster immer weiter verstrickt.

Viele befragten das Orakel, doch es sprach sehr geheimnisvoll und rätselhaft und es dauerte eine halbe Ewigkeit bis wir endlich herausgefunden, wie das Ritual aussehen müsse, um den Raubzügen des untoten Ritters endlich ein Ende zu bereiten. Sareela, Ritter und Schädel sollten sich in einem Dreieck zusammenfinden.
Dazu sollte ich den Ritter alleine erwarten, während sich alle anderen Recken versteckt hielten ihn später anzugreifen.

Zunächst müsse die Rose unbedingt verkehrt, als Zeichen der Ablehnung des hartnäckigen Verehrers, an Tarsal von Bargho übergeben werden. Der Duft jener Blume würde ihm umgehend die Sinne vernebeln und ihn kurzfristig glauben machen, er hätte Sareela in meiner Person gefunden.
Dies würde mir Zeit geben, den bis dahin mit Buschwerk getarnten Schädel des Gregarius, aufzudecken und mich auf die Position des Abbildes Sareelas zu begeben, um das Dreieck zu schließen.

Gleichzeitig müsse ein ritueller Kreis aus Sand in Gegenrichtung zum wandernden Schatten der Sonnenuhr um uns drei gezogen werden. Allein der Anblick des Schädels würde Tarsal von Bargho zusätzlich schwächen, doch dieser Zustand wäre nur von kurzer Dauer. So müsse derjenige der den Kreis ziehe und auch ich mich, nach Vollendung, schnellstens in Sicherheit bringen, bevor der Raubritter noch gewahr wurde, was hier wirklich geschah und seinerseits sein Schwert gegen uns richten würde. Nach Vollendung dieses Rituals aber sei es möglich ihn vereint zu besiegen. So zumindest die Ausführungen des Orakels, oder besser gesagt, dass was wir mittels Übersetzer und Gesten daraus zu interpretieren im Stande.
 

Mir war nicht wohl bei dem Gedanken dem schwarzen Schurken allein gegenüberzutreten, hatte ich doch selber die schweren Verletzungen, die sein Schwert und die Waffen seiner Schergen verursacht hatten, manches Mal geflickt.

Dazu wusste ich mich auch einfach nicht zu entscheiden, welche Gemütsverfassung Tarsals für mich nun bedrohlicher: Als die wahre Sareela angenommen zu werde, oder im Vor- oder Nachhinein als falsch enttarnt zu werden. Aber was blieb schon für eine Wahl, wenn all dies endlich ein Ende finden sollte.

So stellte ich mich dieser Herausforderung, ohne weiter über mögliche Konsequenzen nachzudenken, während unsere bewaffneten Recken rund um die Wiese, die als Ort des Rituals gewählt, Versteck bezogen.
Es dauerte eine schier endlose Anzahl an Herzschlägen bis ich eine Gestalt erblickte, doch wie der schwarze Ritter sah dieser Mann in seiner bunten Tracht und Feder am samtenen Barett bei weitem nicht aus. Ich vermag nicht mal mehr zu sagen, als wer oder was er sich genau vorstellte. Nur der Zeitpunkt seines Auftauchens war wirklich ungelegen.

Gerade wollte ich ihn ums Haus rum zum Vordereingang des Klosters schicken, um ihn zumindest außerhalb der direkten Gefahr zu wissen, als Recke ihn zu sich ins Versteck rief.
Auch ich bat ihn händeringend, sich schnellstens dorthin zu bewegen und glücklicherweise folgte er ohne nähere Erklärung oder Nachfragen dieser Aufforderung.
Also hieß es weiter geduldig auszuharren. Obwohl die Sonne um die Mittagszeit sengend und heiß stach, überkam mich mit einem mal leichtes Frösteln. Zweifelsohne die plagende Ungewissheit und Anspannung.

Kurz darauf ein spitzer Schrei aus Richtung Wald, der aber alsbald erstarb, und damit sicher von der Ankunft des Raubritters zeugte. Die nachfolgende Stille quälend, da ungewiss, was dort vor sich ging. Doch war klar, dass weder ich meine Position, noch die anderen ihre Verstecke verlassen durften, um nachzusehen.

Gerade als sich erste Unruhe breit machen wollte, traf Ritter mitsamt seinen Schergen ein
und alle im festen Glauben auf eine Hochzeitsfeierlichkeit zwischen Tarsal und seiner angebeteten Sareela.
Lautstark wunderten sich die schwarzen Streiter, dass von der Braut keine Spur, nicht ein einziger Gast zu gegen und kein Kuchen aufgetragen sei.

Diese winzigen Details hatte natürlich niemand von uns in der Hektik der Vorbereitungen für das Ritual bedacht. Nur dass ich jetzt eben hier alleine vor versammeltem Räuberhaufen stand, die Kehle bis oben hin zugeschnürt.
Glücklicherweise ergab sich der Raubritter selber wilden Spekulationen, dass die Braut sicher noch beim Ankleiden und die Geladenen als Überraschungsgäste erscheinen würden.
Dies bestätigte ich nickend und übergab ihm derweilen schon mal zitternd die Rose.

Was würde im nächsten Moment geschehen? – Nun, er drehte die Blume in ihre aufrechte Position und atmete ihren Duft. Seinen Geist verwirrte sie jedoch nicht, doch erkannte er die Rose immerhin als Verbindung zu Sareela.
Er dankte mir für diese Aufmerksamkeit, wenn er auch nicht ganz wusste, was er nun damit anfangen sollte und warum gerade ich ihm diese Rose reichte. Kurzerhand steckte er sie aufrecht in den Boden.
Oh weh! Hoffentlich würde das keine negativen Auswirkungen haben.
Dazu begann er von seiner Geliebten, die er ja nun bald ehelichen würde zu philosophieren.

Ich hielt es für besser diese Zeit zu nutzen den Schädel aufzudecken, als ihn davon zu überzeugen die Rose wieder verkehrt herum aufzunehmen. Vielleicht würde wenigstens Gregarius Haupt den vorrausgesagten Effekt erzielen.
Doch auch diese vage Hoffnung wurde enttäuscht.
Selbst nahm der Ritter kaum Notiz, doch seine Schergen beäugten misstrauisch den Schädel und lärmten, was das nun wieder solle.

Jener tapfere Recke, der mittlerweile herangetreten den Kreis zu ziehen, erwies sich dabei als äußerst schlagfertig. Das Streuen von Sand sei hier ein alter üblicher Brauch zur Vermählung und der Schädel würde Glück und Wohlergehen bringen.
Mit dieser Erklärung gaben sich die dunklen Herrschaften zufrieden, begannen aber bald wieder nach der fehlenden Braut und dem Kuchen zu fragen.

Durch die Gegenwart des Recken fühlte ich mich ermutigt auf die abschließende Dreiecksposition zu dem Portrait Sareelas zu wechseln und die Schergen meinerseits weiter in ein Gespräch zu verwickeln: Na, da sei doch schon der erste Gast und dazu mit so viel gutem Sand... äh... Wünschen. Der Kuchen? - Ja, der würde natürlich frisch in der Küche angerichtet... und die Braut werde bestimmt nicht mehr viel länger auf sich warten lassen, aber das Ankleiden dauere nun mal seine Zeit... –

Hier endlich gab Recke das ersehnte Zeichen, dass der Ritualkreis gestreut – ...wir gehen nachschauen wo sie bleibt..! und gemeinsam suchten wir hierauf unser Heil in der Flucht.

Ich weiß nicht, ob wir es der schieren Verwirrung aufgrund unseres merkwürdigen Gebarens oder der Tatsache, dass einige Schergen sich erst aus ihrer sitzenden Position erheben mussten, verdankten, dass sie eine Verfolgung nur mit deutlicher Verzögerung aufnahmen. So konnten wir beide ungeschoren entkommen und unsere versteckten Kämpfer sich direkt den Mannen annehmen.

Mit vereinten Kräften wurde Raubritter und seine Schergen niedergerungen. Alle Anhänger Tarsals fanden direkt den Tod und wurden umgehend verbrannt. Einzig er überlebte schwer verletzt, wenn man seinen Zustand überhaupt als Leben bezeichnen mag.

Doch von all den kämpferischen Auseinandersetzungen bekam ich selbst wenig mit.
Zunehmend setzte sich die Erkenntnis, was ich getan und welcher Gefahr ich eben noch auf Armesweite gegenübergestanden hatte. Jetzt, da ich außer Reichweite, drohten die weichen Knie endgültig nachzugeben und ich hockte mich nieder im Schutz eines Busches. Doch spürte ich instinktiv, dass noch nicht alles vorbei und so rappelte ich mich hoch, um mir ein Bild der Lage zu machen.

Mein Blick fiel auf das Orakel der T´Ailun, dass mich hektisch zu sich heranwinkte.
Es ging um die aufrecht stehende Rose. Selbst vermochte er es nicht die Blume zu berühren und so bedeutete er mir sie aufzunehmen und verkehrt herum an jenen Punkt des Dreiecks zu pflanzen, an dem zuvor Tarsal gestanden.

Erst nach dem dies erledigt, wurde ich dem am Boden liegenden Raubritter gewahr. Kaum vermochte ich den Blick von ihm zu lösen. Hatten seine Schergen uns durch ihre Angriffe auch übel mitgespielt, tat er mir doch jetzt beinahe leid, dass er so um seine ersehnte Vermählung betrogen. War die Begierde nach Sareela am Ende doch echte, tragische, unerwiderte Liebe und nicht nur der Wille sich dessen zu bemächtigen, was ihm so lange verwehrt? Bereute er am Ende gar, was er getan?

Irgendetwas unergründliches lag in seinem starren Blick und nahm mich gefangen, bis einer unserer Recken das Antlitz des Ritters bedeckte und mich damit aus diesem merkwürdigen Gedankengang riss.
Halt! Dieses Mannsbild, welches hier zu meinen Füßen lag, nur ein Abbild der Vergangenheit, längst irgendwo jenseits zwischen Leben und Tod und wurde nur aufrechtgehalten durch den Fluch des Gregarius.

Dies vor Augen war jetzt Zeit und Gelegenheit all diese Verworrenheiten ein für allemal zu beenden. Aber wie?
Man hatte die Wunden des Raubritters verbunden, weil keinem so recht klar war, wie mit ihm weiter zu verfahren. Doch trug man ihn vorsorglich in den rituellen Kreis.
Das Orakel bedeutete er würde schwächer und schwächer und werde sterben, da das Ritual das Vermächtnis des Gregarius aufgehoben.

Darauf nahm man Raubritter die Verbände ab und Recke beschleunigte sein Ableben durch gezielten Puls- und Kehlschnitt, während andere zu den Göttern beteten.
Auch der Körper Tarsals wurde der Macht der leckenden Flammen übergeben, die am Ende nur ein Häufchen Asche übrig ließen.

Selbst als Orakel, bei bester Laune, alle zum Feiern ermutigte und einer der T´Ailun mir anerkennend auf die Schulter klopfte, wirklich freudige Stimmung wollte hiernach nicht aufkommen.
Ich denke viele waren einfach froh darüber, die Ereignisse, welche in der Vergangenheit um Sareela und ihre Zuflucht heraufbeschworen worden waren, gegenwärtig zu einem Abschluss gebracht zu haben.
Die meisten, mich nicht minder, drängte es dann auch alsbald den Ort jener merkwürdigen Geschehnisse zu verlassen, obwohl noch einige mehr oder weniger bedeutungsschwere Fragen offen blieben:

-Was war seinerzeit mit Sareela geschehen?
-War es wirklich ein bloßer Zufall, dass die Gegenwart Calliopes im Kloster die Vergangenheit wieder aufleben ließ?
-Warum musste Nes Rell sterben und wer war ihr Mörder?
-Was hatten diese seltsamen Muschelkoordinaten mit Keleses Vergangenheit zu tun und welchen Ort bezeichneten sie?
-Wer würde mir endlich eine verbindliche Antwort über den Ritualdolch geben können?
-War an den Gerüchten um Nemelzar und Aquilibrium irgendetwas wahres?
-Würden die Zwerge, nachdem nun die Räuber besiegt, sich auch wieder auf der Erdoberfläche sehen lassen, um alte Bauwerke, wie den Turm zurück in Beschlag zu nehmen?
-Hilft Teetrinken vor, bei und nach der Erforschung magischer Aktivitäten/Phänomene oder nur bei der „Selbstfindung“?
-Nachdem einvernehmlich geklärt, dass die weibliche Form von Mönch, Mönchine und das männliche Pendant zu Nonne, Nonnerich heißen muss, bleibt eine letzte Frage:
-Wie, bei Gaiya, lautet die korrekte maskuline Bezeichnung für Fee?
(Aber nicht dass mir einer weiß machen will es gäbe gar keine männlichen Feen, denn ich bin mir sicher eine... pardon, einen gesehen zu haben!)

Zeit und Zufall mögen Antworten bringen. Doch vielleicht werdet ihr, werte Freunde, wie auch ich zurückkehren dürfen an den Ort der Gastfreundschaft mit Namen: Sareelas Zuflucht, um verbliebene Geheimnisse zu enträtseln und neue Abenteuer zu erleben.
So gehabt Euch wohl und auf ein baldiges Wiedersehen auf der Sonneninsel Dria!

Post Scriptum:
Werter Leser, wundert Euch nicht, dass ich mich in den letzten Zeilen nunmehr sehr direkt an Euch wende, denn Tagebücher haben fast immer den unerklärlichen Reiz eingesehen zu werden, wie Euer Beispiel hier trefflichst beweist. Doch habe ich dieses gewiss bedacht, als ich diese wahre Geschichte hier niederschrieb und so sei Euch Eure Neugier verziehen.

Aufgeschrieben von
Celissa, Dienerin Gâyas
Im Aghtar des Iondes 462TR