Das Winterfest

Die Geschichte vom Winterfest

Diese Geschichte ist eine unter T’Ailun häufig erzählte Zote, die gerne in Weinlaune erzählt wird. Sie wird gerne ausgeschmückt, verfremdet und übertrieben, um mit dem Erzählwitz zu prahlen.

In den dunklen Zeiten des Jahres, am kürzesten Tag, feiern die Sippen gerne das Winterfest Salsha Tshetir, um den Beginn des längeren Tageslichtes zu feiern. Es wird gut gegessen und getrunken und gesungen, gelacht und getanzt. Man erzählt Geschichten und schließt Geschäfte ab, schmiedet Pläne und lehrt den Kindern Wissen.

Während eines solchen Festes floß nun reichlich Wein und Trogam, auch Brandweine wurden gereicht. Die Stimmung stieg und die Geschichten wurden wild und rau. Spät am abend waren die Erwachsenen unter sich. Die Frauen tanzten, dass die Röcke wirbelten und die Männer bewiesen ihre Stärke im Wettkampf untereinander. So manch benebelter Kopf war rot vor Wallung und schließlich fanden sich einige Paare in den dunklen Nischen des Zeltes und wärmten sich gegenseitig. Selbst die Sherut Sotfar legte nicht mehr die Karten, sondern hatte sich mit dem Sippenältesten zurückgezogen. Wild und wilder wurde das Fest und es war ein drunter und drüber, das keiner mehr auseinander halten konnte. Ein Juchzen und Jauchzen erfüllte das Zelt und es war nur ein Glück, dass man die Kinder schon schlafen gelegt hatte.

Als schließlich der Tag anbrach kannte ein jeder den anderen ganz genau, es gab keine Geheimnisse mehr. Fröhlich begann man den ersten längeren Tag des Iondes mit einem dringend benötigten starken Frühstück. Man erzählte über dies und das und Normalität kehrte ins Lager zurück.

Doch nach einigen Mondeh wurde klar, dass das Winterfest nicht ohne Folgen geblieben war, denn eine Frau nach der anderen, nahm deutlich zu. Runde Bäuche kündigten Nachwuchs an. Die Sippe freute sich gar sehr, denn Kinder sind ein Segen, doch man begann zu rätseln, wer denn wohl jeweils der Vater sei. Da ließ der Sippenälteste die Sherut Sotfar, die ebenfalls schwanger war, kommen und sagte: „Weise Frau, drei unserer Frauen werden Mütter. Kannst Du uns sagen, wer die Väter sind? Denn keine dieser Frauen war mit einem Mann beim Winterfest allein.“ Da legte die Sherut Sotfar die Karten, deutete lange mit nachdenklichem Gesicht die Zeichen, sprach mit den Ahnen und verkündete schließlich: „Ältester, die Karten sagen, dass jedes dieser Kinder ein untrügliches Zeichen trägt, wer der Vater sei.“ Da war der Älteste beruhigt und ließ die Sache auf sich beruhen.

Die Sherut Sotfar gebar dann schließlich selbst das erste Kind und es war schön und gesund. Es trug ein Muttermal, das nur zu bekannt war, denn der Sippenälteste selbst war es, der dieses Zeichen trug. Er sprach: „Freunde, lasst uns den Göttern danken. Ich bin Vater geworden.“ Sie feierten ein Fest und just bei diesem Feste kam das zweite Kind zur Welt. Doch groß war die Verwunderung, denn auch dieses Kind trug des Anführers Zeichen. Er sprach: „Den Göttern hat es nun gefallen, dass zwei Kinder Frucht des Winterfestes sind. Tafelt auf und freut Euch mit mir.“ Am nächsten Tage kam ein weiteres Kind zur Welt, ein Mädchen. Die Sippe kam zusammen, um nach dem Zeichen zu schauen. Wunder über Wunder, es war das gleiche wie bei den ersten beiden. Da pries man die Manneskraft des Sippenältesten und dankte den Göttern.

Nun werte Zuhörer werdet ihr mich einen Lügner schelten oder Euch beschweren, dass ich übertreibe. Ich aber sage Euch: besucht ein Winterfest und macht Euch selbst ein Bild!