Conbericht zum Viator 1

Nach den Aufzeichnungen von Magdeleine Gunnarsdóttir, Heilerin

1. Die Anreise
An einem kühlen Spätsommertag des Iondes 462 Truk erreichte ich zusammen mit der Kräuterfrau Gwerath Zonderfjeld, die ich auf einer meiner Reisen durch Ginoo und Zey kennen gelernt hatte, das Dorf Zeyderdahl. Vermutlich hätte es uns niemals in diese verlassene Ortschaft im Norden Zeys verschlagen, wären wir nicht am Ende unserer letzten Reise durch Ginoo am Handelsposten "Osalds Zuflucht" auf jene Nachricht des Allisar Watherherd, seines Zeichens Dorfvogt von Zeyderdahl, gestoßen. Dort hieß es sinngemäß, man werde sich über unseren Besuch freuen und biete uns freie Kost und Logis an. Eine solche Freigebigkeit machte uns etwas stutzig, und so lasen wir denn auch weiter, dass in dem Landstrich um Zeyderdahl seltsame Dinge vorgingen und man sich unsere Unterstützung erhoffe.
Da wir erstens wagemutig und zweitens immer knapp bei Kasse sind, beschlossen Gwerath und ich trotz einiger anfänglicher Bedenken, dem Aufruf des Vogts nachzukommen - vielleicht würden wir ja unsere Heil- und Kräuterkünste gegen Bares anbieten können.
Auf dem Weg zum inmitten eines Waldes gelegenen Dorf trafen wir bereits auf den ersten Zeyderdahler, nämlich Thorian, den Waldläufer. Dieser geleitete uns zum Dorfvogt und machte uns auf dem Weg sogleich darauf aufmerksam, dass im Walde einige garstige Ungetüme umgingen: die sogenannten Wollgons, eine seltene wolfsähnliche Tierart, die sich in den Wäldern aufhielt und der Thorian mit Pfeil und Bogen auf der Spur war. Glücklicherweise waren wir jedoch nicht die einzigen, die den Weg in diese unwirtliche und gefahrenreiche Gegend gefunden hatten: Mit uns fanden sich noch acht weitere Reisende in Zeyderdahl ein, darunter drei Barden, ein Magier, ein Mönch, eine Waldläuferin, ein Elfenbotschafter und ein Dichter.

2. Düstere Vorgänge in Zeyderdahl
Im Dorf wurden wir von Allisar Watherherd persönlich empfangen und zunächst einmal mit der unangenehmen Situation vertraut gemacht, in der sich das Dorf Zeyderdahl befand. Den Mittelpunkt des Geschehens bildete hierbei ein Speer, der dem Zeyderdahl'schen Lokalhelden Joharsin gehört hatte und der seit vielen Ionden in einer Höhle in der Erde gesteckt hatte. Es hieß, der Speer habe den Landstrich auf diese Weise vor Unheil beschützt. Vor drei Mondehn aber hatte die Erde den Speer ausgespieen und seitdem war ein schleichendes Unheil über das Land gekommen: Die Felder waren ausgetrocknet, die Ernte war verdorben, und des Nachts suchten geisterhafte Gestalten das Dorf heim. Bisher war es niemandem gelungen, den Speer durch reine Körperkraft wieder in die Erde zu rammen.
Unsere Aufgabe sollte es nun sein, der Bevölkerung Zeyderdahls zu helfen und das Rätsel um den Speer zu lösen.

3. Erste Erkundungsgänge
Nachdem man uns das Dorf gezeigt und uns mit der Magd Lysia und dem Koch Mus bekannt gemacht hatte, die in der Taverne arbeiteten, beschlossen wir, zu einem ersten Erkundungsmarsch aufzubrechen, um die Gegend in Augenschein zu nehmen. Im Wald trafen wir schon bald auf eine Hütte, den sogenannten "Schrein", in welchem der Speer aufbewahrt und von zwei Hütern bewacht wurde. Während ein Teil der Gruppe versuchte, von diesen beiden Herren mehr über das Geheimnis und die Geschichte des Speeres zu erfahren, gingen Gwerath und ich, zusammen mit zwei oder drei anderen Abenteurern, tiefer in den Wald hinein. Man hatte uns zuvor berichtet, dass im Wald zahlreiche Kräuter wüchsen, so dass wir uns nun daran machten, einige aufzusammeln und zur späteren Verwendung für Heiltränke u.ä. in unseren Taschen zu verstauen.

Im Wald gab es auch einige Höhlen, und gleich in der ersten trafen wir auf einen etwas wunderlichen, aber in Sachen Trankkunde sehr kompetenten Gesellen: Es war der Heiler Asaraun, welcher hier offenbar ein Eremitendasein fristete. Im nur spärlich beleuchteten Höhleninneren erblickten wir neben einigen Heilerutensilien und Büchern auch einen Totenschädel, welcher sich bei näherem Nachfragen als sterblicher Überrest eines Vorfahren des Asaraun erwies. Alsdann berichtete uns dieser, dass er mit dem Schädel zu kommunizieren vermöge und so von Zeit zu Zeit mit dem Verstorbenen Zwiesprache halte. All dies erschien mir zu ungeheuerlich, als dass es wahr sein könnte, und ich beschloss, den Reden dieses wunderlichen Herrn nicht weiter Gehör zu schenken. Gemeinsam mit dem Dichter Dorian von Falkengrund und der Waldläuferin machte ich mich auf den Weg, die Höhlen im Umfeld zu erkunden.

4. Der bepelzte Schrecken
Die nächste Höhle, die wir entdeckten, sollte einen weitaus furchterregenderen Bewohner beherbergen als die Grotte des Asaraun. Da es in der Höhle vollkommen finster war, beschloss ich, zunächst einmal meine Laterne anzuzünden, während die anderen begannen, ins Innere hinabzusteigen. Weit kamen sie jedoch nicht, denn schon bald hörte man ein entsetzliches Knurren, und die eben noch so unerschrocken wirkenden Recken stürmten rückwärts aus der Höhle heraus. Hastig brachte auch ich mich in Sicherheit und beobachtete aus einiger Entfernung, wie ein garstiges, pelziges Ungetüm die Höhle verließ und Anstalten machte, sich auf meine Begleiter zu stürzen. Das musste das Wollgon sein, von dem uns Thorian berichtet hatte! Sein zotteliger Kopf ähnelte dem eines Wolfes, und seine Zähne und Klauen waren lang und spitz. Wir gaben Fersengeld, doch das Tier schien es sich schließlich anders zu überlegen - es verharrte zunächst in der Nähe des Höhleneinganges und lief dann in den Wald hinein. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass das Wollgon nicht mehr in der Nähe war, marschierten wir weiter.

5. Erste Begegnung mit Dambur
Auf unserem Weg trafen wir bald auf die anderen Abenteurer, die wir in Zeyderdahl kennen gelernt hatten. Gwerath und ich fanden noch einige Kräuter, während einige andere nach Wollgon-Spuren suchten. Als wir am späten Nachmittag wieder im Lager eintrafen, traf ich dort auf einen alten Bekannten: Es war Dambur, der Barde. Meine Reisegefährtin und ich hatten ihn vor einiger Zeit in einer Taverne kennen gelernt. Bei dieser Gelegenheit hatte mir der arme Tropf sogleich seine Liebe gestanden und mir eine Kostprobe seines Flötenspiels geliefert, welches sich jedoch zugegebenermaßen nicht gerade als Ohrenschmaus erwies.
Jetzt, in der Taverne von Zeyderdahl, erfuhr ich, dass es um sein musikalisches Talent nicht immer so schlecht bestellt gewesen war: Dambur berichtete, er habe in einer Taverne mit einem zwielichtigen Zeitgenossen gewürfelt und dabei sein Talent, welches er als Spieleinsatz angeboten hatte, verloren.
Mehr als Mitleid konnte der Unglückswurm bei mir jedoch auch diesmal nicht erwecken.

6. Unheimliche Begegnung in der Dämmerung
Dambur war nicht der einzige Neuankömmling an diesem Abend. Kurze Zeit später näherte sich eine weitere Reisende dem Lager: es war Corlya Zelp, ihres Zeichens Wissenschaftlerin und Abgesandte der Gesellschaft zur Erforschung und Wiedererlangung Geschichtlichen Wissens (oder so ähnlich). Sie berichtete uns, dass sie auf der Suche nach einer Mantelschließe sei, die einst dem ginooischen Raubritter Gishzidda von der Schwarzen Schlinge gehört habe.
Nachdem wir uns auf eine angemessene Vergütung für unsere Mithilfe geeinigt hatten, marschierten wir - nicht ohne Bedenken - hinter Corlya Zelp her, bis wir in einem Talkessel anlangten. Da die Forscherin hier die gesuchte Mantelschließe vermutete, machten sich einige leichtsinnigere Mitglieder der Truppe sogleich daran, in der Dämmerung das Unterholz zu durchkämmen. Ich hingegen beschloss, auf dem Weg zu bleiben und mich nach allen Seiten umzusehen, denn die Gegend kam mir doch sehr unheimlich vor. Meine düsteren Vorahnungen wurden bestätigt, als kurze Zeit später vier oder fünf gruslige, bleichgesichtige Gestalten hinter den Büschen auftauchten! Entsetzt ergriff ich die Flucht und beobachtete aus der Entfernung, wie sich die bewaffneten Mitglieder unserer Gruppe einen erbitterten Kampf mit den gespenstischen Angreifern lieferten. Ihrem Aussehen und ihren Bewegungen nach zu urteilen musste es sich bei den Kreaturen um Untote handeln. Zum Glück ging der Kampf einigermaßen glimpflich für uns aus; schon bald lagen die Angreifer am Boden und schienen nun endgültig ihr Leben ausgehaucht zu haben.
Wenn ich schon nicht zum Kampfgeschehen beitragen konnte, so war nun jedoch meine Heilkunst gefragt: Blutende Wunden machten unseren mehr oder weniger kühnen Recken zu schaffen (die Tatsache, dass Dorian ausgerechnet am Rücken getroffen wurde, widersprach dann doch ein wenig seiner Schilderung seines standhaften Kampfes).

7. Zurück im Lager
Nachdem wir die besiegten Untoten verbrannt und unsere Verwundeten notdürftig verarztet hatten, kehrten wir ins Lager zurück. Inzwischen war es dunkel geworden, so dass ich den Rückweg als ein wenig beschwerlich empfand. Im Lager versuchten die Magier der Truppe vergeblich, die Verletzten - darunter Kolarius und Dorian - zu heilen. Im Zuge einer eingehenden Untersuchung stellten wir (d.h. die Heiler-Fraktion) fest, dass ihre Wunden mit Leichengift infiziert waren. Es bedurfte also eines speziellen Heiltrankes, um die Verwundeten vor dem Tod zu bewahren.
Ardian und ich verbrachten eine Weile damit, die erforderlichen Kräuter zu suchen, wobei uns einige unserer Gefährten behilflich waren. Sodann machten wir uns daran, die Tränke zu brauen, was ungefähr drei Quart dauerte. Mit Erleichterung stellten wir fest, dass sie ihre Wirkung nicht verfehlten und dass die Verletzten sich nach der Einnahme schnell erholten.

8. Damburs Rückkehr
Kaum hatten wir uns von der grausigen Konfrontation mit den Untoten erholt, da erwartete uns auch schon die nächste unheimliche Begegnung. Ich hatte es mir gerade mit einem Becher Gerstensaft in der Hütte bequem gemacht, als ich plötzlich ein bekanntes Geräusch vernahm. Es wurde von einer Flöte verursacht, doch war dieser Klang nicht lieblich und wohlklingend, sondern schief und misstönend. "Auch das noch", dachte ich, "wenn das nicht wieder einmal der unglückselige Dambur ist!"
Bei dem Flötenspieler handelte es sich jedoch wider Erwarten nicht um den Dambur, den ich gekannt hatte. Entsetzt erspähte ich in der Dunkelheit eine weiße, durchscheinend wirkende Gestalt, die zwar Ähnlichkeit mit dem Barden hatte, aber leblos und geisterhaft aussah. Ich konnte nicht glauben, was ich sah - noch am Nachmittag war Dambur doch quicklebendig gewesen! Langsam näherte sich der Geist dem Lager, wobei er immerfort eine seltsame Melodie auf seiner Flöte spielte. Er stand nun inmitten der im Lager weilenden Gefährten, welche sich um ihn scharten und ihn aufmerksam beobachteten. Ängstlich wie ich nun einmal bin, hielt ich mich zunächst im Hintergrund. Bald stellte sich heraus, dass ich tatsächlich der Grund für den Besuch des Gespensts war!
Es schien, als ob es sich einen letzten Wunsch erfüllen wollte, um zur Ruhe kommen zu können. Da das unglückliche Wesen friedlich schien, forderten mich die anderen dazu auf, mich ihm zu nähern. Als ich vor ihm stand, hörte es mit seinem Flötenspiel auf, kniete vor mir nieder und überreichte mir schließlich mit einer feierlichen Geste seine Flöte. Sobald ich das Instrument angenommen hatte, verschwand der Geist unter den staunenden Blicken der Umstehenden.

9. Der verschwundene Speer
Kaum hatten wir die verwirrende Begegnung einigermaßen verdaut, als sich auch schon das nächste aufregende Ereignis ankündigte. Barsil, einer der Hüter des Speeres, kam plötzlich ins Lager gestürmt und berichtete erbost, dass der wohlgehütete (?) Speer des großen Joharsin gestohlen worden sei! Sofort machten sich einige mutige Recken auf, um im düsteren Wald nach der Waffe zu suchen. Zunächst konnten sie jedoch keine Erfolge verzeichnen. Schließlich kam ich auf die Idee, dass man ja einmal in der Nähe des Schreins suchen könnte. Vielleicht hatte ja jemand den Speer versteckt und gehofft, dass man ihn so nah an seinem üblichen Aufbewahrungsort nicht vermuten würde. Auslöser für meine Vermutung war Cem, welcher beim Kartenlesen herausgefunden hatte, dass der Speer sich an der Stelle befinde, wo man ihn am wenigsten erwarte. In einer kleinen Gruppe brachen wir auf, um dieser Spur nachzugehen. Tatsächlich bestätigte sich unsere Vermutung, denn der Speer wurde hinter dem Schrein gefunden.

10. Die Spähgeister
Als wir ins Lager zurückkehrten, verkündeten die Magd Lysia und der Koch gerade, dass das Nachtmahl angerichtet sei. Eine Stärkung hatten wir uns nach all diesen Vorkommnissen auch verdient, und so langten wir alle kräftig zu. Da die Sonne bereits vor mehreren Storgg hinter den Wäldern verschwunden war, wurde es allmählich kälter und kälter, so dass einige von uns es sich in der Hütte am prasselnden Feuer gemütlich machten. Die Barden Cirnea, Cem und Klipp-Klapp unterhielten uns mit ihrem Gesang sowie mit Lauten- und Flötenspiel. Das gemütliche Beisammensein wurde jedoch schon bald unterbrochen, als sich aus der Dunkelheit mehrere schwarze Gestalten dem Lager näherten. Einige Mutige gingen nach draußen, um sich die Besucher näher anzuschauen. Auch ich wurde neugierig und wagte mich hinaus, doch als ich die glühenden Augen der Fremdlinge erblickte, fuhr mir ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Die geisterhaften Wesen hatten nun das Lager erreicht und es schien, als ob sie etwas auskundschaften wollten. Langsam bewegten sie sich zwischen den Abenteurern hin und her, welche sie nicht aus den Augen ließen. Allmählich schien es uns jedoch, als seien die Geister nicht in der Lage (oder aber nicht daran interessiert), uns anzugreifen. Sie näherten sich uns zwar und schienen uns aufmerksam zu mustern, doch sie versuchten nicht, uns zu berühren. Thorians Versuch, einen der Geister mit einem Bolzen seiner Armbrust zu durchbohren, scheiterte - der Bolzen blieb nicht etwa stecken, sondern flog weiter, als hätte er ihn in die Luft geschossen.
Nach einigen angstvollen Minuten verschwanden die Geister wieder und mit ihnen die beklemmende Atmosphäre, die sie verbreitet hatten. Die erschreckenden Vorkommnisse des Abends hätten noch genügend Gesprächsstoff für die ganze Nacht geboten, und einige unserer Gefährten planten bereits weitere Exkursionen in den Wald. Mich überkam jedoch allmählich eine große Erschöpfung, so dass ich beschloss, mein Schlaflager aufzusuchen. Eine Gleichgesinnte fand ich in Gwerath, welche ebenfalls sehr müde war, und so ließen wir Geister Geister sein und begaben uns ins Reich der Träume.

11. Morgenstimmung - Ereignisse des Vorabends
Am nächsten Morgen erwachten wir zeitig, da einige Frühaufsteher vor unserem Schlaflager lautstark diskutierten. Als wir noch ziemlich verschlafen am Lager ankamen, wurde dort bereits das Frühstück vorbereitet. Während wir uns mit Tee und Brot stärkten, diskutierten wir noch einmal die Erlebnisse des Vortages und erfuhren dabei, dass in der Nacht noch einiges passiert war. Den Berichten zufolge war der Geist einer Frau ins Lager gekommen und dann in den Wald verschwunden. Einige Mutige hatten sich daraufhin in den düsteren Wald begeben, da sie dort eine Gedenkstätte oder ein Grab vermuteten, dem der Geist entstiegen sein könnte. Thorian der Waldläufer hatte die Abenteurer über einen schmalen und unwegsamen Pfad zu einem Grabstein geführt. Man berichtete uns, dass an dem abgelegenen Ort eine Ahnin des Allisar Watherherd begraben sei, welche wegen einer nicht standesgemäßen Liebschaft verstoßen worden sei. Bei der Erscheinung im Lager handelte es sich um den Geist der auf rätselhafte Weise zu Tode gekommenen Frau. Staunend erfuhren wir weiterhin, dass der missliebige Galan der Verstorbenen kein anderer gewesen war als jener Vorfahr des Asaraun, dessen angeblich sprechender Schädel sich in der Höhle des Heilers befand. Nun wurde uns auch allmählich klar, weshalb es Asaraun nicht gestattet war, sich im Lager aufzuhalten. Die Schmach des verstoßenen Urahns war auf seine Nachkommen übergegangen.
 

12. Das Grab im Wald

Nachdem die anderen uns von den Ereignissen der letzten Nacht berichtet hatten, überlegten wir, was zu tun sei. Man kam dahingehend überein, dass etwas getan werden müsse, um den unglücklichen Seelen der beiden Verblichenen zur letzten Ruhe zu verhelfen. Dies konnte unserer Meinung nach nur glücken, wenn man das Paar wieder vereinte. Es wurde also beschlossen, dem Heiler Asaraun den Schädel seines Vorfahren abzuschwatzen, um diesen zum Grab der Frau zu bringen und dort zu begraben. Da der Dorfvogt sich dazu bereit erklärte, im Gegenzug die Verbannung des Heilers aufzuheben, gab uns Asaraun den Schädel.
Nachdem wir einen steilen, an einem Abhang vorbeiführenden Pfad überwunden hatten, erreichten wir endlich das Grab. Während wir anderen um die Grabstätte herumkauerten, machten sich einige daran, ein Loch in die Erde zu graben. Doch bevor wir den Schädel beisetzen konnten, erschien plötzlich eine weiße Frauengestalt und näherte sich uns langsam. Das musste der Geist der unglückseligen Frau sein! Sie schien nicht zu wünschen, dass die sterblichen Überreste ihres Geliebten begraben werden, denn sie streckte ihre bleichen Hände aus und nahm den Schädel entgegen. Nach dieser rührenden Szene führte uns die Gestalt zu einer Höhle, in deren Innerem wir leuchtende, kristallartige Steine fanden. In der Umgebung hielten sich einige Spähgeister auf, die uns beobachteten. Einer von ihnen zeigte Interesse an dem Geldbeutelchen, welches ich um den Hals trug. Er streckte seine Hand danach aus, ließ jedoch kurz darauf wieder davon ab. Kurz darauf gingen wir mit den Steinen zurück ins Dorf.

13. Die Schwarze Schlinge
Am Vormittag wanderte ich zusammen mit Corlya Zelp einigen anderen Abenteurern noch einmal in die Nähe des Talkessels, wo wir am Vorabend von den grausigen Untoten überrascht worden waren. Auch wenn die Umgebung im Tageslicht etwas von ihrem Schrecken verloren hatte, war ich auf der Hut und sah mich ständig um. Die meisten anderen schienen meine Sorge nicht zu teilen, denn sie marschierten munter drauflos und nahmen sich nicht sonderlich in acht. So war ich auch eine der ersten, die plötzlich eine ganz und gar entsetzlich aussehende Gestalt erblickte, welche hinter den Büschen hervorkam.
Als das unheimliche Wesen - es schien geradewegs aus dem Reich der Toten gekommen zu sein - uns erblickte, verschwand es auffallend schnell wieder in seinem Versteck. Wir hatten uns gerade vom ersten Schreck erholt, als das unheimliche Etwas wieder erschien und mit donnernder Stimme brüllte: "Schellentick! Dein letzter Kampf!" Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, wen oder was er mit "Schellentick" meinte, denn ich war dermaßen erschrocken, dass ich die Beine in die Hand nahm und mich schnellstens aus der Nähe des Monstrums entfernte.
Dieses hatte offenbar als Gefolge mehrere Untote mitgebracht, die ebenso kampfeslustig zu sein schienen wie ihr Anführer. Die Mutigeren unter uns zückten ihre Schwerter und es kam zu einem harten Kampf, der für uns zum Glück erfolgreich endete.
Im Verlauf dieses Kampfes kam es zu einem tragikomischen Zwischenfall, als Kolarius Ardian im allgemeinen Getümmel versehentlich mit einem Lähmungszauber traf. Die Wirkung konnte glücklicherweise bald aufgehoben werden, doch Ardian schimpfte danach wie ein Rohrspatz...
Der Anführer der Untoten erwies sich im Nachhinein als der bereits erwähnte Gishzidda von der Schwarzen Schlinge, welcher der Erzfeind eines Bauernführers namens Notjard Schellentick war, den er ja soeben auch lautstark zum Kampf herausgefordert hatte. Da ich zuvor mehr mit Heilen und Kräutersammeln beschäftigt war, sind mir die genauen Zusammenhänge leider entgangen.
Es stellte sich jedenfalls heraus, dass ein schwarzer Stein gesucht wurde, der auf irgendeine Weise mit der lange verjährten Geschichte um Schellentick und die Schwarze Schlinge zusammenhing.
Hilfsbereit, wie ich nun einmal bin, ging ich mit einigen Gefährten auf die Suche nach dem Stein. Dabei verließen wir uns auf eine zweifelhafte Landkarte, die wir von Corlya Zelp bekommen hatten.
Ein oder zwei L'iherc später kehrten wir erfolglos zurück ins Lager - nur um dort zu erfahren, dass Ardian den Stein unmittelbar nach dem Kampf im Talkessel gefunden hatte.
Er hatte ihn für wertlos befunden und einfach ins Gebüsch geworfen - dort liegt er wahrscheinlich heute noch!

14. Vorbereitungen
Bei unserer Rückkehr wurden im Lager bereits Pläne für ein Ritual geschmiedet, mit dessen Hilfe Joharsins Speer wieder in das Loch im Boden der Höhle befördert werden sollte, wo er sich zuvor befunden hatte. Es waren auch ein oder zwei Dokumente im Umlauf, über deren Bedeutung für die Lösung des Problems man noch rätselte. Nachdem wir uns noch einmal in der Taverne gestärkt hatten, brachen wir in den Wald auf. In der Nähe des Schreins besprachen wir weiter, was zu tun sei, während Kolarius ein äußerst kompliziert aussehendes Ritual durchführte.
Offenbar war ein Kampf zwischen Joharsin und dem Bösen vorgesehen, wobei Joharsin als Repräsentant des Guten den Speer als Waffe führen sollte. Wir beschlossen, diesen Kampf gewissermaßen symbolisch nachzuvollziehen, indem wir für die beiden Kämpfer jeweils einen der Gefährten einsetzten.

15. Des Rätsels Lösung
Nach einiger Zeit gingen wir zu der Höhle, in der sich der Speer zuvor befunden hatte. Bald näherten sich einige Spähgeister dem Schauplatz. Die Magier beschlossen, einen Schutzkreis anzulegen, da sie nicht sicher waren, wie gefährlich die Geister uns werden konnten. Für den Schutzkreis wurden auch die leuchtenden Steine verwendet, die wir in der anderen Höhle gefunden hatten. Nach einer Weile stellten sich die beiden Gefährten, welche die Kämpfer simulieren sollten, im Schutzkreis auf. Die Barden stimmten ein Lied an, welches das Ritual unterstützen sollte. Kaum hatte der Kampf begonnen, als die Spähgeister, die uns bis dahin von Weitem beobachtet hatten, plötzlich auf uns zukamen - sie schienen sehr ungehalten zu sein.
Gwerath und ich waren zunächst die Einzigen, welche auf die Idee kamen, sich in den Schutzkreis zu begeben. So entgingen wir im Gegensatz zu einigen anderen den Attacken der Geister, welche tatsächlich alles andere als harmlos waren. Sobald der inszenierte Kampf zugunsten Joharsins ausgegangen war, verschwanden die Spähgeister. Nun konnten wir auch unseren Auftrag erfüllen: Der Speer wurde in die Höhle gebracht und dort wieder in die Erde gesteckt. So kehrte in die Gegend um Zeyderdahl endlich wieder Ruhe ein, und wir zogen unserer Wege. Wie ich hörte, sprießen die Felder inzwischen wieder, und Geister hat man im Dorf auch nicht mehr gesehen.