Conbericht zum Weggefährten 7

Aus dem Brief einer Druidin
Shin Lukemon/Naynt¢, 463TR

An seine HOCHWOHLGEBORENHEIT
Den LEYGRAFEN LEOWFRYD VON ORNEBRANT
BURG DHUREMOR zu NUTRIO,
im Lande LINO / Sonneninsel DRIA

Verehrter Graf,

zunächst möchte ich Euch höflichst darum ersuchen, mir, zumindest dieses Schreiben betreffend, die gewählte kurze Anredeform zu erlauben und dieses nicht als mangelnde Anerkennung oder gar fehlenden Respekt Euch gegenüber zu verurteilen.

E U E R H O C H W O H L G E B O R E N (was der Ankündigung Eures Hauptmannes und meinem Verständnis nach wohl die korrekte und angemessene Bezeichnung wäre) mag einigermaßen schnell gesprochen sein, ist aber langwierig und umständlich zu schreiben.

Zudem muss ich offen zugeben, dass der inhaltliche Aspekt jener vorangegangenen Anredeform mir derzeit eine quälende Frage aufgibt:

Warum sollte ich, die ich gar nichts über die Umstände Eure Geburt, ob sie nun hoch oder tief, lang oder kurz, schmerzhaft oder wohl (Ihr seht hoffentlich, was ich meine) wissen kann, Euch mit solcherlei Attributen betiteln?
Einzig Eure Frau Mutter, Medicus, Amme oder wer noch bei diesem freudigen Ereignis zugegen, könnte unter Umständen hierüber aufrichtige Aussage treffen. Worin liegt also der tiefere Sinn jener bestimmten Wortzusammensetzung?

Seht es mir nach, denn ich bin es gewohnt ehrlich und frei heraus zu sprechen und ebenso treibt mich die Neugier und der Wissensdurst nach Verstehen und Erkenntnis.
Ja, auch dies ist einer der Wege G¢yas€¦
Und wer sonst könnte mir wohl diese Frage erschöpfend beantworten, wenn nicht ein Mann von Adel, so wie Ihr.

Doch ist es gewiss nur Recht, hiefür eine Gegenleistung zu erwarten.
Nun, Ihr habt bei der Verabschiedung Eurer Gäste um einen Bericht der Ereignisse während Eurer Abwesenheit gebeten.
Zwar fürchte ich, kann ich Eurem Wunsch nicht vollends entsprechen, da ich aus Gründen der allumfassenden Darstellung es für wichtig erachte, gleichwohl die Zeitspanne davor, wie danach zu betrachten, und ich mich darüber hinaus eh nicht in der Lage sehe, die sehr knappe Berichtform, wie Ihr sie von Eurem Hauptmann oder Sergeant gewohnt seien mögt, zu wahren.
Zumindest aber kann ich Euch meine ungezwungene Sicht der Dinge während der drei Tage Aufenthaltes auf Dhuremor, gern zur Verfügung stellen, selbst wenn Ihr nicht im Stande oder gewillt (weil es die kostbare Zeit nicht erlaubt) meine Frage im Gegenzug zu beantworten.

G¢ya mit Euch, Graf

Celissa,
eine reisende Druidin

Es folgt besagter Bericht um die Ereignisse von Dhuremor

Lichter Wald und offene Wiesen, Burg Dhuremor jedoch noch immer weit und breit nicht in Sicht. Stattdessen aber zwei einfache Maiden, augenscheinlich vom Gemeinen Volke zu Nutrio, die sich klagend und flehend an uns Reisende wenden. Ob wir ihre Männer gesehen, die seit geraumer Zeit in den Wäldern verschwunden. Den ganzen Tag wären sie schon vergebens auf der Suche und wollten nun heimkehren, ehe es zu dunkeln begänne.

Leider waren uns jene Mannsbilder, der präzisen Beschreibung nach, nicht auf unserer Reise begegnet.
Doch gingen wir auch nicht vom Schlimmsten aus, denn ruhig und friedlich lagen Felder, Wiesen und Wald entlang unsres Weges. Wer hätt` auch Andres erwarten wollen im wohl geordneten Königreiche Lino€¦
Möglicherweise hatten die beiden Mannen bloß einen Humpen Gerstensaftes über den Durst hinaus getrunken, sich derob auf dem Heimweg verlaufen und zauderten nun zurück zu kehren aus Furcht vor des zänkischen Weibes Gezeter. Zumindest aber versprachen wir, die Augen nach den Vermissten offen zu halten.

Einen Bachlauf überquert, stellte sich alsbald die bedeutsame Frage, in welche Richtung nun weiter zu gehen. Die wage Auskunft, an der dicken Eiche links abzubiegen, erwies sich als wenig Erfolg versprechend, zumal sich nach dem Bächlein überhaupt kein Eichenbaum fand und zudem der Weg linkerhands in urwüchsige Wildnis führte.
Auch musste sich die Kastanie, welche Klipklap nach dem Wege befragte, geirrt haben.
Offensichtlich, so meinte er, hatte sich jene nur nach der Zweiten ausgerichtet, welche er mir mit den Worten: €žSei gut zu ihr€œ, kurz zuvor geschenkt.

Eher aber ist anzunehmen, dass jener Barde einmal mehr scherzhaftes Spielchen trieb, da eben seine richtungsweisende Kastanie, später genauerer Untersuchung unterzogen, sich als ganz gewöhnliche Baumfrucht erwies. Was aber keinesfalls als Beweis gelten mag, dass Bäume, Natur und gleichsam der Wind nicht durchaus Wissenswertes zu berichten wüssten.

Doch dies hier näher anzuführen, würde manch einen sicher sehr rasch ermüden.
Und sollte Euch, verehrter Leygraf, dennoch der Sinn nach so etwas stehen, so ziehet nur Sangira zu Rate und lasset Euch einführen in die hochbri €¦ -
Verzeiht, ein Ausrutscher der Feder. Wollte sagen, hochinteressante Kräutergartentheorie.

Also wählten wir den rechten der Wege, welcher auch der rechte zur Burg war, schlenderten bald querfeldein über eine Streuobstwiese und trafen kurz vor der Brücke zum Anwesen auf einen blinden, erschöpften Bettler.
Doch Not leidend war jener lumpige Bittsteller sicher bei weitem nicht, lagen in seiner ausgestreckten Hand doch gar mehrere goldene Sonnen, die unmöglich vom Verkauf der Depeschen in seiner angestaubten Tasche herrühren mochten.

Und helfen lassen wollte sich jener merkwürdige Geselle, denn gleich schon gar nicht.
So blieb am Ende nichts anderes, als einen Gardisten hinzuzuziehen, der sich dienstbeflissen mühte, €žlumpiges Gesindel€œ von Burgennähe zu entfernen, während zwei weitere `Wappenröcke` die Anreise der Geladenen überwachten, das hiesige Jagdrecht erörterten und eifrig über `Blaufinger` schwätzten.

Blaue Finger sollten jene, welche sich eine der Schriftrollen des Bettlers angeeignet, tatsächlich auch kriegen. €žEin brillanter Zug, ketzerische Rebellenschriften mit magischem Färbemechanismus auszustatten, denn wer würde so schon den Worten eines vermeintlichen Diebes Glauben schenken€œ, soweit die Erklärung eines direkt Betroffenen mir gegenüber.

Doch kann ich mich irgendwie meines Bauchgefühles nicht erwehren, dass jenem magischen Färbemechanismus weniger der ketzerische Inhalt einer Schriftrolle zu Grunde liegen mag, als vielmehr das Stibitzen jenes Pergamentes oder gewisser goldener Sonnen, wo Augenlicht permanent im Dunkel weilte€¦

Wenn nun auch eingebläut, die äußerst wortgewandte Ehrlichkeit in Person, kam leider nicht dazu, mir den Inhalt der Schriftrolle näher dar zu bringen, so dass ich hierüber keinerlei weitere Aussage treffen kann.
Vorausgesetzt es handelte sich tatsächlich um rebellisches Pamphlet, wäre es ohnehin die reinste Zeitverschwendung sich solchem Geschmier ernsthaft zu widmen.

Wohl andererseits, wenn ich`s recht überlege, könnt`s auch ebenso nutzvoll zu erfahren, was jene, welche als `Abtrünnige` bezeichnet, zur Sichtweise haben. Vielleicht hätte der Aufstand der Freischärler durch regeres Interesse statt Vertuschung und Ignoranz seitens der Königstreuen verhindert werden können. Doch verstehe ich gewiss zu wenig von der hohen Politik, mir hierüber ein Urteil zu erlauben.

Auch vom höfischen Leben kannte ich bisweilen nicht viel, so dass ich dem Irrglauben unterlag, die edlen Gastgeber würden unter Umständen mit den rund vierzig Geladenen zu Abend essen, zumal auch die Dekoration der kopfseitigen Tafel des Speisesaales auf solches Vorhaben schließen ließ. Doch sicher mag es gute Gründe gehabt haben, hierbei anders zu verfahren.

Das abendliche Mal - lasst mich den Versuch unternehmen es irgendwie diplomatisch zu formulieren - für manch Gaumen vielleicht ein wenig fremdländisch anmutend:
Hinlänglich der Unterscheidung von Vorsuppe oder Sauce, vermochte man sich letztendlich darauf zu einigen, dass eh alles in einen Magen komme und daher die weißflüssige Beilage, was immer sie nun auch für landestypische Spezialität darstellen mochte, getrost zusammen mit Eierteigware und Fleischklops zu verzehren sei.

Allerdings dürfte wohl jedermann hinlänglich bekannt sein, dass es dieser Tage wirklich nicht einfach ist, qualifiziertes Küchenpersonal zu finden, welches Freundlichkeit, Flexibilität und die hohe Kunst der Speisenzubereitung gleichermaßen beherzigt. Es sei jedoch auch gleichwohl betont, dass egal welche Mahlzeit, der Burgherr sich nicht lumpen ließ. Stets waren reichlich der Hauptspeisen, Kuchen und andere Leckereien vorhanden, nicht zu vergessen Getränke, diverses Salzgebäck und das ein oder andere warme Häppchen für Zwischendurch, was vor allem zu fortgeschrittner Stunde beim Mundschenk für regen Absatz sorgte, so dass der Völlerei kaum nachzukommen. Und auch die Gästequartiere selbst, geräumig und gemütlich.

Doch genug nun über –rtlichkeit, Ausstattung und dererlei Gleichen.
Über die edlen Herrschaften, wie Euch, als Leygraf, Eure liebreizende Gattin Trovenna und Euren Spross Serismunt, brauch ich gewiss nicht viele der Worte zu verlieren, denn das Geschlecht derer von Ornebrant, nebst Stab an Bediensteten, mit Hausmeier Rutmar von Gavenralf, Bibliothekar Godeltrat, Hofmagus Calidayn, Druidin Sangira, Zofe, Mundschenk, Hauptmann und Garnison, sowie Baron Vanik von Haenver, als ganz spezieller Freund des Hauses Ornebrant, kennt Ihr wohl besser, denn ich.

So will ich einfach fortfahren zu erzählen, von den Ereignissen des Abends unserer Ankunft.
Während ich mich noch in der wohl gehüteten und gut sortierten Bibliothek den beiden Werken Tiranias und Enishas namentlich:
`Gedanken zum Wasser, zum Schlaf und ihre Bedeutung für die Gesundheit` und `Gedanken zu einigen menschlichen Leiden und wie man sie curiert`
hingab (trotz der wilden Gerüchte, die Schriften Eurer Bibliothek zu meiden, da angeblich welche darunter, die den Verstand verwirrten, so dass sie beispielsweise das Verlangen auslösen mochten, als verwegener Abenteurer aufzubrechen, einen Drachen zu erlegen und den Hort zu plündern - Man stelle sich so etwas nur einmal vor€¦ ) drang von unten her Tumult aus der Schankstube.

Grund für lautstarken Disput und Handgreiflichkeit, wie man mir wenig später berichtete, die Offerte Serismunts an den T`Ailun Fral, gegen einen entsprechenden Obolus, die Zuneigung seiner Schwester Mel einzukaufen.
Nun, wohin solch unmoralisches Angebot, verletzter Sippenstolz und schneller Streich auf adliges Bein den T`Ailun brachte, dürfte hinlänglich bekannt sein.

Zumindest aber bekam Fral im Kerker bald illustere Gesellschaft durch jenen Bogenschützen, der getarnt im Schatten der Dunkelheit einen Eurer Gardisten rittlings anschoss.
Gaiya sei Dank fehlte ein zweiter Pfeil nur knapp, als ich mich dem Verletzten annehmen wollte. So war es zunächst angebracht schnellstmöglich den Ort des Geschehens zu verlassen. Zwei hilfreiche Recken, trugen den mittlerweile Bewusstlosen hinüber zum Nebenhaus, wo ich mich endlich dem stakenden Pfeil, vielmehr der Behandlung seiner Eintrittsstelle widmen konnte.

Der Schütze hätte sich auch keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können, nachdem noch kurz zu vor ein Feuerwesen für heiße Aufregung und üble Brandverletzungen gesorgt hatte.
Woher kam nur so plötzlich solch mannsgroße Manifestation des Feuers, die selbst einem Tahnee gehörig zusetzte bevor erfolgreich durch die priesterliche Hand vertrieben.
Hatte etwa Menir Sigil Calidayn damit zu schaffen? Stand doch die ganze Zeit der Magus beinahe, aber nicht vollkommen unbemerkt, in einer Ecke des Hofes und verfolgte das Geschehen.

Und überhaupt, was fiel denn der Gräfin ein, in all dem Trubel und Mutterseelenallein über den Burghof in Richtung Wald zu laufen?
Sicher wurde schon gemunkelt, dass ihr Verhalten in letzter Zeit ein wenig absonderlich.
Aber dies, verzeiht dass ich es nicht anders bezeichnen kann, grenzte an Wahnsinn!
Da wäre es schon weitaus besser gewesen, sie hätte sich der Liaison zu Hofmagus oder Hausmeier hingegeben, die ihr allenthalben nachgesagt wurde. Sicherlich skandalös, aber zunächst weitaus ungefährlicher!

Augenscheinlich war es dann jedoch der Herr Baron, zu dem sie sich hingezogen fühlte.
Was schließlich auch kein Wunder, unter dem süßen, mitunter aber bösartigen Einfluss eines manipulierenden Liebestrankes. Den hinlänglichen Beweis hierzu sollte jedoch erst die Untersuchung am nächsten Vormittag ergeben.

Eine Ungeheuerlichkeit, wenn man sich`s recht überlegt: Einmal davon abgesehen, dass eine Affäre Eurer Angetrauten zweifelsohne auch Euch nicht gut zu Gesicht stünde, kommt diese dreiste Tat, direkt unter Euren Augen, mir gleichsam einer schallenden Ohrfeige vor.
Jemand scheint es darauf anzulegen den guten Ruf derer von Ornebrant willentlich in den Schmutz zu ziehen. Doch wer könnte wohl ein solches Interesse hegen€¦?

Dieser ereignisreiche erste Abend auf Dhuremor, wurde dann durch feuchtfröhliche Tavernennacht ausgeläutet, wobei hierbei allen bisher noch Unwissenden, ein lustiges Liedlein der Barden Cem, Cirnea und Klipklap vorgestellt wurde, welches von den eher ernsten Ereignissen der Navrak-Fieber-Epidemie zu Nutrio erzählte.

Nach kurzer Bettruhe und nächtlicher Poltergeist Erscheinung, die sich glücklicherweise als harmloser, wenngleich unüberhörbar gut gerüsteter Zimmergenosse erwies, ging`s frisch gestärkt und voller Tatendrang hinein in einen neuen Tag.
Dieser wurde zunächst allerdings jäh durch die Warterei vor verschlossener Bibliothekstür gebremst. Hätte irgendwer den Wartenden den Grund, welcher war die bereits erwähnte gründliche Untersuchung der Gräfin, mitteilen können, manch einer hätte sich für die Zeit binnen fast dreier Quart eine sinnvollere Beschäftigung suchen mögen.
Doch hieß es nur, der Bibliothekar würde gleich aufsperren und so harrte man eben der Dinge. Zumindest aber kann ich behaupten, dass jener Müßiggang meinem gesammelten pflanzentheoretischen Wissen der hiesigen Region extrem nützlich war.

Gern wollte ich mir dies nach dem Besuch der Bibliothek denn auch ganz praktisch draußen besehen, zumal mich die Aussicht auf ein Treffen der einheimischen Druidin Sangira natürlich nicht minder in die Wälder lockte.
Und wie sich denn die Türen der Lesestube endlich wieder der Allgemeinheit öffneten, kamen sowohl Gondolin als auch Fuchsauge mir mitzuteilen, dass sie grad vorhin erst Sangira am Waldrand hinter der Brücke gesehen. Ja, auf ein waches Auge von Elb und Fährtensucherin ist eben stets Verlass.

Bei den Elementen, nur warum immer alles auf einmal?! Doch liegt die Kraft bekanntlich in der Ruhe und so galt es erstmal zu hören, was soeben in der verschlossenen Bibliothek vor sich gegangen, die erschütternde Nachricht um alchemische Beeinflussung zu verdauen, die letzten Informationen bei Godeltrat abzugreifen und sich dann gen Obstwiese aufzumachen.

Was allerdings das praktische Studium der einheimischen Kräuter anging, war hier nicht mehr viel zu machen, da beinahe jedwedes Pflänzchen, was in der zunehmenden Dämmerung des vorigen Abends grad eben noch zu erahnen, mittlerweile im gleißend hellen Sonnenschein durch pflückwütige Hände abgeerntet.

Sangira aber tobte angesichts solcher Unvernunft und Rücksichtslosigkeit der unwissenden aber raffgierigen Sammler. Wahrlich keine gute Ausgangssituation mit ihr über historische Ereignisse, hiesige lebende oder verblichene Heiler oder gar kryptische Hinweise zu diskutieren.
Zumindest aber vermochte ich nun zu erahnen, was es bedeuten mochte sich den Zorn der Druidin zu zuziehen, wie es Euer Hofmagus wohl einst getan. Wenngleich sie auch nur preisgeben mochte, dass Calidayn in ihren Augen ein wahrer Versager, Stümper und Taugenichts, scheint mir weitaus mehr hinter jener oberflächlichen Abneigung zu schlummern.

Glücklicherweise war sie denn eher bereit sich auf das Gespräch mit uns einzulassen.
Und tatsächlich waren es keine leeren Worte, dass sie sehr wohl wüsste zu unterscheiden und sich, wider des ersten Eindrucks, durchaus auch hilfsbereit und freundlich geben könnte.

Nun was soll ich sagen, soviel an geballtem Wissen und druidischer Lebensphilosophie erfuhr ich zuletzt bei meinem Lehrmeister Darian. Während über uns auf dem Burghof Gericht über T`Ailun Fral gehalten wurde, plauderten Liliana, Karss, Sangira und ich so munter über die Schwestern, die Wasser des Lebens, Philosophien der Bäume und besagte Kräutergartentheorie, dass wir um haaresbreite das Mittagsmahl versäumt.

Nicht dass mir der Hinweis Sangiras auf einen Walnussbaum, der Zeuge jener dunklen Zeit auf Dhuremor während das Navrak-Fieber wütete, entgangen wäre, doch gab es zunächst bedeutendere Dinge, denen nachzugehen und später (im Nachhinein könnte man fast meinen durch Eure Abwesenheit bedingt) , verhinderten unvorhergesehene Ereignisse, als auch die Schnelligkeit ihrer Abfolge, ein solches Zwiegespräch.
Gleichwohl ich war schon mehr als glücklich, dass mir Sangira des Nachmittags kurz nach Eurer Abreise noch einmal mehr mit ihrer allumfassenden Ortskenntnis hilfreich zur Seite stand und zu riet, wo noch Zweifel nagte.

Von diesem `Spaziergang` zurückgekehrt, fand ich Dhuremor beinahe verlassen.
Doch saß Liliana auf dem hölzernen Rund seitlich der Burg und wusste zu berichten, dass die meisten aufgebrochen, die alte Turmruine, von der es hieß sie sei eine weitere Hinterlassenschaft Nemélzars, zu erkunden.
Mag dies vielleicht der Grund, warum ich just vor weniger als einer Quart mit Sangira noch hier vorbei gekommen, aber niemanden entdeckte. Es scheint immer noch Magie am Werke€¦

Vielleicht hielt aber auch nur Morgana, ein Konstrukt des längst verblichenen Meistermagiers Ransar L. Nemélzar, jenen der Expeditionsgruppe rund um die Zitadelle im Smedi bereits wohlbekannt, all unsere Recken so arg mit der Suche nach beinah legendärer, itzo immer wieder verschwindender Vase, oder den richtigen Antworten im `Spiel` um den Nachlass beschäftigt, dass konzentriertes Schweigen herrschte und wir ihnen deshalb gar nicht gewahr werden konnten.

Jedenfalls sollte es mich nicht wundern, wenn künftig eine sprichwörtliche Bezeichnung wie
€žDie Vase in der Obstwiese suchen€œ als Beschreibung für ein se(eeeee)hr langwieriges, wenngleich auch lösbares Unterfangen in die Annalen drianischen Sprachgebrauches eingehen würde.

Aber Beharrlichkeit setzt sich eben durch. So konnten am Ende gar trotz anfänglicher Zweifel ein Lösungswort gefunden und auch der übermächtige Konstrukt-Duellist überwunden werden.
Schwieriger hingegen gestaltete es sich einen Lösungsansatz für die dritte, arkane Aufgabe zu finden. Noch bevor hier aber die vielen, teils recht unterschiedlichen Vorschläge überhaupt näher in Erwägung gezogen werden konnten, schallte Alarm von der Burg her.
So ließen die meisten Morgana samt Vase stehen und hasteten gen Dhuremor.

Wir fanden den Burghof belagert von einer nicht unerheblichen Schar selbsternannter Freischärler, welche, bestärkt durch die großen Worte von Freiheit und Selbstbestimmung seitens ihres Anführers, zunächst einen Tribut von 2 Sternen von jedermann für die €žgute Sache€œ forderten.
Während Eurer Gattin ein vorübergehender Aufenthalt im eigenen Kerker nicht erspart werden konnte, wehrten sich doch einige Reisende vehement mit Worten gegen jene Abgabe oder den €žfreiwilligen Eintritt€œ in die Reihen der Grün-Goldenen.

Mag dies am Ende der Auslöser für die bewaffnete Auseinandersetzung gewesen sein, ich vermag es nicht zu sagen, wer den ersten Streich ausführte.
Doch boten die Wirren des einsetzenden Gefechtes zumindest eine gute Möglichkeit der Gräfin die rettende Flucht in die nahe gelegenen Wälder zu eröffnen.
Anscheinend hatten bald beide Seiten genug von dem widersinnigen Blutvergießen.
Die Freischärler zogen ab und die unsrigen Streiter leckten ihre Wunden (vielmehr ließen sie behandeln), froh das Anwesen erfolgreich verteidigt zu haben.

Da Heilungsritus je nach Aufwand und Bedarf enorm Kräfte zehrend, wurde ich nach ausgiebiger Meditation zusammen mit Finn grad noch der Ankunft eines reisenden Priesters gewahr. Nach seinen Worten zu urteilen irgendein Ordensbruder der großen Gemeinschaft Otars und Saltahs.
Da aber bereits Fuchsauge, Calliope, Sahanya und Raidri ungeduldig auf unsereins warteten, um die noch ausstehende Prüfung in Sachen `Nemélzars Nachlass` bei Morgana wieder aufzunehmen, schenkten wir dem Neuankömmling weiter keine Beachtung und kehrten stattdessen zurück zu Obstwiese, Vase und Konstrukt.

Während ich noch darüber nachsann, ob es denn möglich, dass tatsächlich nicht alles über die elementaren Theorien zu erklären und vor allem woher grad Nemélzar diese Erkenntnis hernehmen mochte, riss mich Artress Ruf jäh aus dieser Überlegung:
€žCelissa, da oben sind Zwei, denen geht es gar nicht gut, sehen krank und fiebrig aus , vielleicht kümmerst du dich besser mal darum.€œ

Krank? Fiebrig? - Oh nein, bitte mögen die schlimmsten Ahnungen nicht zur Gewissheit werden, keine neuen Fälle vom gefürchteten Navrak-Fieber€¦
Doch blieb dies nur ein frommer Wunsch, genau wie die Aufforderung an jene, denen es mal wieder nicht schnell genug gehen konnte, nicht blindlings zur Unterstützung der Elenden zu rennen, bevor sie überhaupt über Risiken der Ansteckung und den möglichen Ernst der Lage aufgeklärt.

Wenn dies tatsächlich die Anzeichen des Navrak-Fiebers, was anhand von Symptomen wie Schwäche, Benommenheit, Kopfschmerzen, Husten, dunkel unterlaufenen Augen, und glühendem, schweißnassen Körper schlecht auszuschließen, konnte eine all zu rasche Ausbreitung nur verhindert werden, indem möglichst Wenige in Kontakt zu den Erkrankten kämen.
Soviel zur grauen Theorie, in der Praxis waren es nachher rund ein dutzend Leute nebst meiner Person, die in mehr oder weniger direkter Berührung mit den beiden Erkrankten.

Wahrscheinlich aber taten eindringliche Worte, ungewohnt harscher Tonfall und Erinnerung an das Liedgut vom Vorabend guten Dienst.
Binnen nur einer Quart, gelang es Kranke, nebst aller Kontaktpersonen, zu isolieren und an geeignetem Ort vor der Burg zu versammeln. Dazu fanden sich dort ein Cirnea, die in der Heilkunde von Krankheiten kundig und Aretin, der sich bereit erklärte das Brauen der Arznei zu übernehmen, da er im Bereich der Alchemie wohl ein wenig bewandert.

Mit Rezept- (gepriesen sei Eure gut sortierte Bibliothek) und Pflanzenkenntnissen konnte ich den beiden zur Seite stehen, ebenso wie ich mich darum kümmerte, alle verfügbaren Kräuter von sämtlichen Pflückwütigen wieder einzutreiben. Bereitwillig und auf der Stelle stellten vor allem zwei kräuterkundige Maiden ihre gesamten Vorräte selbstlos zur Verfügung, so dass beinahe umgehend mit der Zubereitung des lindernden und heilenden Trankes begonnen werden konnte.

Kurzum ein jeder machte sich nützlich in dem er beispielsweise lautstark aufforderte die abgeschirmte Gesellschaft zu meiden, Gerätschaften wie Flasche, Mörser und Schale anreichte, Kräuter nach Anweisung zupfte oder einstweilen den beiden Fiebernden die Stirn kühlte, während mit vereinten Kräften das Rezept in heilenden Trank umgesetzt wurde.

Als bald darauf die Flasche mit der erlösenden Arznei kreiste, wusste ich, dass jene `Heiler` unserer Gemeinschaft es niemals übers Herz gebracht hätten, zu fliehen und nun gute Hoffnung für die rasche Genesung der beiden Erkrankten bestand. Ebenso wie eine erneute Ausbreitung des Fiebers wohl rechzeitig verhindert werden konnte.
Dennoch mögt Ihr vielleicht diesbezüglich in nächster Zeit noch einmal ein waches Auge auf Dhuremor und Umgebung haben.

Nun, wie Ihr Euch sicher schon denken mögt, blieben auch die Bemühungen Nemélzar`s Vermächtnis auf die Spur zu kommen derweilen natürlich nicht stehen, sondern wurden munter vorangetrieben.

So wurde mir berichtet, dass nachdem auch die dritte Aufgabe zur Zufriedenheit Morganas gelöst, sich jene Gruppe zu einer Barriere irgendwo tief in den Wäldern aufgemacht habe.
Barriere? Wer bei G¢ya sollte mitten im Wald ein solch unsinniges Hindernis errichtet haben?! - Oder war hier gar nicht die Reden von einem materiellen Bauwerk.
Konnte es sein, dass jene Bezeichnung am Ende gar einen Ort der Kraft, vielleicht einen Knotenpunkt magischer Energien beschreiben mochte?
Die Nachricht, dass Ardian mit ein paar anderen Recken dort spurlos ins Nichts verschwunden sollte mir hierüber bald Auskunft geben.

Was das genaue Ziel jener kleinen `Reise` war, entzieht sich bisweilen meiner Kenntnis.
Fest steht jedoch, dass alle wohlbehalten von dieser 4. und letzten Prüfung zurückgekehrt und wir im` Spiel` um Meistermagiers Nachlass eine dritte Perle unser Eigen nennen können.

Sicher werdet Ihr Euch fragen, warum ich in Bezug auf den` Sprung` an der Barriere nicht einmal bei Ardian oder einem andern Beteiligten nachgeforscht, denn immerhin wäre dies nahe liegend.
Doch kommt hier wieder einmal die sich überschlagende Abfolge unvorhergesehener Ereignisse zum tragen€¦

Nicht einmal mehr bin ich mir sicher was die korrekte Reihenfolge angeht:
Ging dem Gefecht mit feurigen Wesenheiten aus Flamme und Erz nun die Explosion des Labors Eures Magus voraus oder war es genau umgekehrt.
Es mag im nach hinein auch kaum eine Rolle spielen, da beide Ereignisse als mehr oder weniger, (eher aber mehr) durchschlagend zu bezeichnen sind.

Im erbitterten Kampf gegen Erz- und Flammenkreatur, erwischte die Keule der magmatischen Wesenheit den tapferen Streiter Aretin unverdient hart. Doch war gewiss weder Unvermögen noch mangelnde Aufmerksamkeit seinerseits hierfür verantwortlich.

Stellt Euch vor, in der Hitze des Gefechtes wurden nicht nur Löcher groß wie Etraklin in Kettenhemden unserer glorreichen Kämpfer der ersten Reihe gebrannt, nein offensichtlich taten sich auch gewisse Schwachstellen innerhalb der Rückendeckung auf, die dann wiederum zu Furchen im Schädel führten€¦
Schlussendlich konnten jedoch die Gemeinschaft all unserer kampfeserprobten Recken mit Schwert und Wassereimer die Oberhand gewinnen.

Anders Calidayn. Nachdem irgendwer oder was seine bevorzugte Wirkungsstätte gesprengt hatte, lag der Unglückselige eher untendrunter denn obenauf. Genauer gesagt musste er erst halb tot unter Schutt und Rauch geborgen werden, nachdem angeblich noch zuvor die ein oder andere feurige Wesenheit über ihn hinweggefegt. Und ich muss sagen, so indisponiert wie er aussah, halte ich seine Aussage durchaus für glaubwürdig.

Doch was war geschehen? Genau vermochte dies auf Anhieb niemand zu sagen.
Nach und nach kam jedoch heraus, dass ein schützendes Siegel innerhalb des Labors aufgebrochen und nunmehr den Zu- oder Ausgang (ganz wie man es sehen mag) zu einer Art Höhlenlabyrinth unterhalb des Labors freigegeben hatte.

Selber habe ich die dunklen, engen und verräucherten Gänge nicht geschaut, doch schließlich musste ja nun auch oben jemand nach dem Rechten sehen und dafür Sorge tragen, dass jeder, der gewillt das Labor nebst Dungeon zu untersuchen, zumindest ein Stückchen Bilsenwurz gegen die bösen Dämpfe mitnahm. Gegen Lähmung oder Schlaffalle vermochte jene aromatische Stangenwurzel zwar auch nicht zu helfen, doch wenigstens geeignet den beißenden Geruch der verbrannten alchemischen Komponenten und damit den quälenden Hustenreiz zu lindern.

Nach erfolgreicher Aufklärung durch Nadya, welche zielsicher den Mechanismus der Schlaffalle auslöste und damit selig schlummernd den genauen Standort und Wirkradius offenbarte, konnten irgendwann später auch jene Unglückseligen geborgen werden, welche unfähig sich zu rühren, die schmalen steinernen Windungen des Durchganges versperrten.

Weiter im Höhlensystem vorgedrungen, sah man sich bald neuen ernsthaften Schwierigkeiten gegenüber: Einem leibhaftigen Feuerelementar.
Doch schien dies durchaus von gutmütiger Natur und bot sogar an, das fehlende Stück des aufgebrochenen Schutzsiegels gegen einen Gegenstand einzutauschen, welcher sich in der Hitze seines elementaren Feuers als beständig erweisen würde.

Darüber, was jener feurigen Wesenheit nun zum Tausch geboten wurde, existieren scheinbar unterschiedliche Auffassungen, die vom Buch des Tahnee bis hin zu einem Eisball reichen.
Fest steht jedoch, dass Elementar tatsächlich das Siegelstück wie versprochen herausgab.
Nur dass es eben dummerweise nicht der komplette Rest war, der von Nöten gewesen, das Schutzzeichen neu zu erstellen. Tja, so musste halt der Zugang zu den weiten Tiefen unterhalb des Labors die Nacht über offen bleiben, in der Hoffnung dass Feuerwesen und dergleichen sich für diesen Abend ausreichend ausgetobt.

Nach soviel Aufregung des Tages wussten viele die Geschichten aus Samarkand, welche Abdul in der Schankstube zum Besten gab, zu schätzen. Nicht minder begeisterten die Werke des bekannten schemurischen Dichters Dorian von Falkengrund, der im Verlaufe des Abends auf Dhuremor eingetroffen. Für musikalische Abwechslung sorgten dann wiederum Cirnea, Cem und Klipklap, ja sogar Reimer schmetterte noch zu fortgeschrittener Nachtstunde aus voller Kehle das ein oder andere Lied.

Soweit war es sicherlich auch redlich verdient, solch einen ereignisreichen Tag, an dem selbst einem quirligen Waldwesen noch zu seinem Fell verholfen werden konnte, gebührlich zu feiern.
Doch braute sich im tarnenden Schleier der Dunkelheit schon neues Unheil zusammen.
Gerade hatten Sahanya und ich beschlossen vor der wohlverdienten Bettruhe noch einmal draußen im Burghof etwas frische Nachtluft zu atmen, als wir einem Schatten außen am Fenster zur Schankstube gewahr wurden. Ein kurzes Aufblitzen einer Klinge, hektische Bewegung gepaart mit sich rasch entfernenden Schritten und schon war die Gestalt in der Dunkelheit Richtung Wald verschwunden.
Alleine fühlten wir uns wenig ermutigt dem nachzugehen, entschlossen uns aber noch einen Rundgang ums Gästehaus zu tun. Dabei stöberten wir unbeabsichtigt einen zweiten Komplizen in den nahen Gebüschen auf, der zwar bis auf den Weg kam, aber uns nicht weiter nachstellte, als wir erschreckt unsere Schritte beschleunigten.

Nachdem wir diese Beobachtung noch den wenigen im Schankraum Verbliebenen mitgeteilt, was angesichts dem Zeitpunkt zwischen 8. und 9. Storgg nicht weiter verwunderlich, zogen auch wir uns aufs Nachtlager zurück.

Im Nachhinein scheint es mir nicht völlig abwegig, dass jene beiden umherlungernden Gestalten bereits erste Späher der Atrunaj. Doch will ich den Ereignissen des folgenden Tages an dieser Stelle nicht vorgreifen.

Sowie die kleine Gemeinschaft von Fuchsauge, Raidri, Jorand, Karss, Sangira und meiner Person am späten Vormittag von einem Ausflug zum nahe gelegenen Flüsschen zurückgekehrt, tobte rund um die Burg schon wieder der Mob. - Nein, nein, nicht die Freischärler hatten sich anders besonnen. Vielmehr nehme ich an, dass einem Feuerwesen die erneuten Untersuchungen und Aktivitäten innerhalb des Labors, Zugang und Schutzsiegel betreffend, ganz und gar nicht behagten.
Vor allem Eismagier bekam dies durch heftige Verbrennungen recht schmerzhaft zu spüren.

Zunächst dachte ich, es könnte möglicherweise daran liegen, dass ich mich erst kurz zu vor ein wenig verausgabt und die heilende Energie deshalb nicht recht fließen wollte, doch dann wurde ich der Blockade seitens des zu Behandelnden gewahr. Leise drang die flehende Stimme des Eismagus in mein Bewusstsein: Alles, nur keine erdgebundene Kraft€¦

Natürlich würde ich diesen Wunsch respektieren, doch kam ich nicht mehr dazu den begonnen Ritus selbst schonend und sachgemäß aufzuheben.
Unsanft von hinten an der Schulter gepackt, riss mich Söldnerin unerwartet jäh aus der Konzentration.
Zumindest entnahm ich ihrer Besorgtheit um meine anfängliche Benommenheit einen Anflug von Reue und Einsicht, dass dies nicht unbedingt die richtige Art und Weise Heilungsritus zu unterbrechen. Doch den daraus resultierenden `Schweren Kopf`` konnte sie mir hierdurch auch nicht ersparen. Da half nur meditative Ruhe und so zog ich mich zurück, sobald ein Medicus gefunden, der sich der Brandverletzungen annahm.

Hektisches Treiben rings umher ließ mich alsbald erwachen. Nun, wirklich ausgeruht mag etwas anderes sein, zumindest aber war das dumpfe Pulsieren der Schläfen verschwunden.
Ohne zu überlegen, schloss ich mich dem Strom all jener an, die in Richtung Obstwiese liefen.
Auf halbem Wege kam Mel uns völlig aufgelöst entgegen, wir mögen uns doch bitte beeilen, da ihr Bruder Fral soeben entführt. In Panik, Verzweiflung und gehetzt stammelte sie nur un- zusammenhängend, doch war ich mir sicher irgendwas von,€œ die bringen den um€œ und €žRitual€œ herausgehört zu haben. Das roch nach gewaltigem Ärger.

Umso erstaunlicher, dass als ich wenig später die Lichtung erreichte, die Situation weitestgehend bereinigt schien.
Fral zwar ordentlich geschunden und verschnürt wie ein Paket, aber immerhin lebend.
Zwei schwarze Gestalten, eben jene Atrunaj, überwältigt am Boden, sowie nur ein paar Schritte entfernt der Hausmeier niedergestreckt, die Hände bereits gebunden.
Dazu der verwehende Hauch von kürzlich erst gewirkter Magie.

Was bei Gaiya war hier geschehen? Was hatte von Gavenralf damit zu schaffen und wer waren überhaupt diese Atrunaj?

Zumindest auf letzteres sollte ich eine Antwort erhalten: Eine Art abtrünnige oder ausgestoßene Splittergruppe der T`Ailun. Im Gegensatz zum bunt gewandeten Gauklervolk, waren jene Atrunaj jedoch völlig in schwarz gekleidet, was wohl wiederum mit dem Verstoß zu tun haben mag.
Doch warum waren sie gekommen, Fral zu entführen? Willkür, Verwechslung, Sippenfehde oder hatte sich T`Ailun etwas zu schulden kommen lassen, dass sie ihn holten, ihn zu ihresgleichen zu machen?
Aber was sollte Hausmeier dann dabei für eine Rolle spielen?
Und wozu diente das Ritual?

Während Finn und Ardian sich daran machten genau jenes herauszufinden und den Ort des Geschehens eindringlicher untersuchten, wurde Fral aus den Fesseln befreit.
Überglücklich schloss Mel ihren Bruder in die Arme.
Doch war weder dem Hausmeier, noch jener Atrunaj, deren schwere Blutungen gerade noch rechtzeitig gestoppt, irgendeine Erklärung für all das hier zu entlocken.
Nicht dass ich großartigen Dank erwartet hätte, doch war es vielleicht schon eine Art von Erkenntlichkeit ihrerseits, eine weitere Angriffswelle der Atrunaj im Vorfeld anzudrohen.
Nur dass sie Unrecht behielt, was die Überlegenheit der Schwarzen uns gegenüber anging.
Nicht lange und auch der Rest von ihnen war aufgerieben. Doch ging auch dieses Gefecht nicht spurlos an unseren Streitern vorbei, wie Celest sicher zu bestätigen weis.

Alle Unruhestifter nebst Hausmeier in sicheres Verwahr verbracht, war es wohl endlich Zeit sich der Wiederherstellung des Siegels zu widmen. Wo das zweite fehlende Stück aufgetaucht, vermag ich nicht zu sagen. Vielleicht am Ritualplatz vielleicht auch anderswo.
Jedenfalls sollte in gemeinschaftlichem Ritus wieder zusammengefügt werden, was einst ein ganzes bildete, das Höhlensystem wieder schützend zu versiegeln.

Doch bevor Ardian, Sahanya und Finn sich ganz dieser Aufgabe widmeten, meldete sich noch einmal ein ganz spezieller `Freund` zu Wort: Nemélzar.
Wie gewöhnlich sprach Konstrukt soweit in Rätseln, dass ich nicht im Stande auch nur den Kern seiner Botschaft hier wiederzugeben. Wahrscheinlich ging`s schlichtweg um dritte Perle oder künftige Aufgaben.
Mir schien`s jener Pferde-Schamane war genauso ratlos wie ich und vielleicht befragte er deshalb das Fell seines abgeschlachteten Rosses nach klärender Antwort. Allerdings will ich bezweifeln, dass ihm diese gewährt werden konnte, wenngleich es zu wünschen gewesen wäre.

Zusammen mit Raidri beobachtete ich noch eine Zeit die Vorbereitungen für das Ritual, bis mich fröhliches Klampfenspiel und Gesang eher in den Kreis der T`Ailun lockten.
Wie angenehm befreiend trat die Leichtlebigkeit und Fröhlichkeit jenes Völkchens den dunklen Machenschaften dieses Tages und den fieberhaften Bemühungen um das Gelingen des Siegelrituals entgegen.
Schließlich hatten die T`Ailun auch allen Grund ausgelassen zu feiern, war doch die Kugel der verblichenen Nes Rel, die im letzten Iond gestohlen, wieder unversehrt zurück.

Einzig die Aufforderung zum Pferdchen-Tanze, lehnte ich geflissentlich ab, was angesichts Mel`s liebenswürdiger Begeisterungsfähigkeit und überschwänglichem Frohsinn nicht ganz einfach fiel, doch ist Prinzip eben Prinzip. Aber meinen aufrichtigen Respekt all jenen Mannsbildern und Maiden, die sich alsbald stampfend und schnaubend zum Flötenspiel munter im Kreise drehten, wahrlich ein anschaulicher Reigen.

Da mir nichts anderes bekannt, gehe ich davon aus, dass es zwischenzeitlich gelang das Siegel wieder herzustellen und auch in die dafür vorgesehene Stelle der Laborwand einzulassen. Aber wie so oft, wenn eine Sache zum Abschluss gebracht, wartet direkt die nächste Herausforderung, hierbei in Form eines harmlos wirkenden Schmuckstückes, was einst den Hals des Hausmeiers zierte.

Ich weis nicht wie und warum man zu der Erkenntnis gelangte, dass jenes Prisma von olmitischem Einfluss, doch offensichtlich ist dem so.
Auch ist es nicht das einzige seiner Art, vielmehr sind angeblich der Weiteren zwei in Umlauf, die es zu entdecken gilt.

Allein die Tatsache, dass der sonst so redselige Artress nur unter vorgehaltener Hand den Namen der Olmiten aussprach und nicht gewillt war auch nur ein weiteres Wort über ihr Sein und Tun zu verlieren, mit Ausnahme, dass sie die größten Unheilsstifter der Sonneninsel, gibt mir eine erste Idee, wie dringlich dieses Anliegen sein muss.
Zu eben jenem Zeitpunkt kehrtet Ihr samt Geleit nach Dhuremor und so gleichwohl die Ordnung zurück.

Wer mag es der Gräfin nicht nachsehen, dass all die Ängste, Strapazen und Wirren sie schlussendlich in eine Ohnmacht trieben. Obwohl ich sagen muss, dass mich ihr plötzlicher Zusammenbruch gehörig erschreckte. Nicht minder die Tatsache, dass Ihr nach erfolgreicher Behandlung mir unerwartet vis-¡-vis, obwohl man mir eindringlich geraten, den Blick in Eurer Gegenwart zu senken, stets gehörigen Abstand zu wahren und nur zu sprechen, wenn auch dazu aufgefordert.
Seis drum, angesichts der Flut an wilden Vorkommnissen und noch wilderer Erzählung
war dies anscheinend eh nicht mehr von großem Belang.

Kein Wunder, dass Ihr halb staunend, halb misstrauisch dem ganzen Geschehen gegenüber.
Nur gut, dass Gavenralf die Fassung verlor, sich selbst verriet und damit allen Zweifel ausgeräumt.

Kein klareres Zeichen hätte gesetzt werden können, als ihn vor unsrer aller Augen und Ohren, umgehend aus Euren Diensten zu entlassen.
Genau wie die Milde, die Ihr angesichts der Flucht des T`Ailun Fral habt walten lassen, in aller Deutlichkeit für Euch spricht.
Zuletzt nicht zu vergessen die Großzügigkeit, die im Besonderen den Rettern der Gräfin, hernach aber auch in angemessenem Verhältnis einem jeden Gast des Hauses zu teil.

So seht es uns nach, dass wir ob jenem unfassbaren Geschehen extrem misstrauisch, ja vielleicht anmaßend dem Baron Haenver gegenüber. Doch war es selbstverständlich ein dringendes Bedürfnis und gleichfalls von Nöten, jeglichen Verdacht den Zierstein an seinem Barett betreffend, ein für alle mal aus der Welt zu schaffen.
So wird er`s wohl auch aufgefasst haben, als er die aufrichtige Entschuldigung mit knappen Zuspruch angenommen.

Nur fürchte ich, hat Rutmar von Gavenralf in einem Punkt die Wahrheit gesprochen, dass noch längst nicht alle Machenschaften durchschaut und verstanden.

Aufgeschrieben von
Celissa, Dienerin G¢yas
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