Über Religion
Einstmals (vor ungefähr 2000 Ionden) gab es nur die Urgötter Otar und Saltah, die Dria erschaffen haben. Otar ist ein Gott, der Stärke, Mut, Entschlossenheit, aber auch Torheit, Unbedachtsamkeit verkörpert. Saltah ist eine Göttin, die Charisma, Gefühl, Intelligenz, aber auch Arroganz und Schwäche in sich vereint.
Durch die Einwanderungen vieler Völker, die alle ihren Glauben an ihre Heimatgötter mitbrachten, entstanden eine Vielzahl neuer Religionen und neuer Götter, zum Beispiel:
- Lihnijara, die Licht und Sonnengöttin
- Doh'loel, Gottwesen der Sterne, der Wissenschaft und der Erkenntnis,
- Korkutun, Gott der Dunkelheit, der Höhlen und Schächte,
- Qwiliniandriari, Gott des Feierns, der Freude, des Glückes
und viele andere, die man auch auf anderen Kontinenten kennt. Aufgrund dieser Vielzahl der Religionen ist man auf Dria sehr tolerant gegenüber allen möglichen Glaubensphilosophien. Dennoch gibt es natürlich in vielen Ländern Staatsreligionen, doch nur in wenigen Ländern sind dies die einzigen, die ausgeführt werden dürfen, namentlich in Lino, Jiyam und Midhgul.
Tristardo d´Ril zählt in "Rifkins Stollen oder Unterirdische Aktivität in Dria" etliche weitere Gottheiten auf und nennt überraschende Details zu manchen der bekannteren:
Was die Beschwörung von Schlangen anbetraf, verließ man sich dabei oft auf den Schutz Sera´Dakkals, der Mutter aller Reptiliengötter, von denen eine Furla´Dorakkal, die runzelige Riesenschildkröte, ist, bisweilen fälschlicherweise für männlich, eine Insel und aufgrund ihrer Lebensspanne für weise gehalten. Verschwistert mit ihr ist Krosh´Chondrakk, das Krokodil: Gnädig verschont er jene, die ihn anbeten, da solch kleine Happen der Mühe nicht wert sind, und wartet auf fettere Beute. Selten wird er als Gottheit verehrt, außer von solchen, die ihm in dieser Hinsicht ähnlich sind.
Anders die bei Meuchlern und Heuchlern beliebte Ilssha´Sesss, die hinterhältig zischelnde Schlange, gerissener als ihr Bruder, welchen sie häufig für ihre verschlungenen Zwecke einsetzt. Eine Meisterin der täuschenden Tarnung und, wenn nötig, der beschwichtigenden Lüge. Und endlich Terha´Mach, vorgeblicher Vater der Drachen und einer Anzahl ebenso vorgeblicher Söhne: Seine Kultisten, welche unter diesem Namen Rituale abfeiern.
Und nicht nur darüber traktierte Fars Dandelbi die Leser seines Buches, welches nicht allein allerlei komische Kulte und seltsame Sekten zum Inhalt hatte, sondern auch die weitverzweigte Sippschaft der Gottheiten.
Er beschrieb den siebenarmigen Ikt, der das Weltengefüge beisammen hält, Tellan den Sänger, Vulgg-von-den-vielen-Mündern, welcher an den Wurzeln der Zeit nagt, oder das verschrobene Viergestirn von den nördlichen Inseln, dem nachgesagt wird, sie wären bei Anbeginn der Zeit über Land geritten und hätten Flora, Fauna und Satyria quasi im Galopp erschaffen. Dieser lustige Reigen wird angeführt von Verayna, Göttin der Erde, der Ernte und des Überflusses. Deren Halbbruder zweiten Grades, Kuranor, ist als Gott der Reinheit und der Einheit in Gebeten verschrieen. Dritter im Bunde ist Penthagion, Gott der Türklinken und Torbogen sowie Schutzpatron wachender Hunde, die man nicht necken soll. Und letzten Endes reiht sich auch Mhortaron in die fröhliche Runde ein, der Gott der Toten und Zähler der Seelen, der Einschläferer. Sein fröhliches Antlitz grinst lustig aus luftiger Höhe von Gruft und Grab auf das herab, was vor ihm liegt: Knochen. Sie waren auch zumeist das Einzige, was von den neugierigen Katzen übrigblieb, welche die Versammlung des Kannibalenkultes von Memah störten.
Ebenso erwähnte Dandelbi in schmalen Randbemerkungen Uunek Gom, je nach Lesart wahlweise der Name eines Priesters, einer untergegangenen Stadt oder eines Himmelskörpers, sowie den wahnsinnigen blinden Gott Gnordin, auf den ungezählte Priester, die darob sogenannten Gnordiker, blind vertrauen. Auf Gläubige muß er jedoch weitgehend verzichten.
Verzichtet wurde bei einigen Kulten sogar auf die Nennung der Gottheit. Statt dessen bedient man sich beschreibenden Umzeichnungen, wie „Das Eine Licht“ oder „Der Gründer“. Hierbei mag es sich um eine Art universellen Urgott handeln, aus dem dann der männliche und weibliche Aspekt, sprich: Otar und Saltah, entstanden sind. Einer matheologischen Anschauung zufolge war am Anfang das Nichts, also alles gleich null. Dort aber bildete sich Der Eine, welcher dann die Zweigötter erschuf, diese wiederum erschufen die drei Welten Oberwelt, Unterwelt und Erde, darauf die vier Himmelsrichtungen, die fünf Elemente, die sechs Tageszeiten morgens, vormittags, mittags, nachmittags, abends und nachts, die sieben Tugenden, die acht Farben, die neun heiligen Eichen und so fort. Wer ´s glaubt, mag nachzählen.
Auch ist zwischen den Seiten von den Mystagogen der dreibeinigen Kröte die Rede, dem gewaltigen fthagischen Kroakkrul, wie er in den alten, verbotenen Mysterienkulten genannt wurde, welche sich seither wie ein dunkler Schatten aus tiefschwarzer Vergangenheit erneut erheben, wenngleich unter einem anderen, grottenhafteren Zeichen. Auch das Anbeten des finsteren Feg, obwohl untersagt, wird im Schatten der Dunkelheit sowie im Verborgenen praktiziert, wo man ihm Götzenbilder aus dem Fels nagt. Vor allem die Verstoßenen der T´Ailun huldigen ihm als „Vater der Schatten“.
Weiterhin findet der in Dria stark verwurzelte Glauben an Mmeo-in-den-Wäldern, einen weiteren Feld-, Wald- und Wiesengott, seine Erwähnung, sowie dessen Helfer, die Herren des Waldes und die Satyre. Man spekuliert, daß er um alle vier Ecken mit Verayna verwandt sei. Diese hat sowohl den Namen Pereine vereinnahmt, wird aber auch als Fereine in Vereinen gefeiert, je nach orthographischer Bildung und Duldung. Manche munkeln dunkel, daß sie ein und dieselbe seien. Zumindest aber kennen sie sich vom Sehen.
In den undurchsichtigen Untiefen aber, vor der Bogenmünder Bucht, da planscht der erhabene K´Nurraan, ein Fisch-, Wellen- und Wassergott. Verschleiert bleibt, wer denn der tödliche Feind sei, der den Fisch nach einer Bogenmünder Redensart anlügt. Dies mag wohl ein Rätsel sein. Wie dem aber auch sei: Götzen und Götter gab es seit dem Zeitalter Phasfa in jeder nur denkbaren, will sagen, glaubhaften Hülle und Fülle, wie die üppige Verayna etwa, oder auch Dürre, wie Mhortaron, das magere Gerippe, je nach Geschmack, wie sie nur Arik von den Eichen abzustreiten versuchte.